Bewährtes Konzept an neuem Ort - Raumzeit-Festival 2015

Nachdem sie letztes Jahr einmal 'ausgesetzt' hatten, haben Stefan Erbe und Christoph 'Codo' Cech diese Jahr wieder ein Raumzeitfestival auf die Beine gestellt.  Neu war dieses Mal die Lokation: anstelle des IBZ diente dieses Mal die Theaterbühne der TU Dortmund als Spielstätte.  Diese ist zwar deutlich kleiner als das IBZ, aber immer noch völlig ausreichend und bietet im Vergleich zum IBZ eine deutlich intimere Atmosphäre.  Eine der Spezialitäten des Raumzeit-Festivals ist ja der direkte Kontakt zwischen Publikum und Künstlern.

Außer der neuen Location bleibt aber das Konzept beim alten: Der Eintritt ist frei, es wird aber um Spenden gebeten, entweder in direkter Form oder durch Kauf der angebotenen CDs.  Des weiteren spielen die Künstler ihre Sets nicht in einem Block.  Stattdessen spielt jeder in jedem Block etwa eine Dreiviertel Stunde.  Auf diese Weise haben auch Zuschauer, die nicht die ganze Zeit dabei sein können, die Chance, jedem Musiker einmal zu sehen.  So ein Event mit drei verschiedenen Acts und Pausen dazwischen fängt am frühen Nachmittag an und zieht sich bis in den späten Abend; nicht jeder kann dafür einen kompletten Samstag erübrigen.

Als Musiker hatten Stefan und Codo eingeladen: Rike Casper und Erik Matheisen, Frank Tischer und Bernd-Michael Land (zusammen 'THAU'), und zu guter Letzt Stefan Erbe selber im Duo mit Steve Baltes.

Den Anfang machte Rike Casper, begleitet von Erik Matheisen (eine Hälfte von Coral Cave).  Wenn es bei diesem Namen vielleicht bei dem einen oder anderen dunkel 'klingelt', dann nicht zu Unrecht.  Vor ungefähr 30 Jahren war Rike Casper die eine Hälfte des Duos 'Lila'.  Es ist doch immer wieder überraschend und erfreulich, wenn fast vergessene Namen wieder auftauchen und die EM-Szene bereichern!  Die Musik des neuen Duos "Rike & Erik" (schon mit passenden T-Shirts auf der Bühne): Kurzweilig, dynamisch, melodisch, Eriks Einfluss von Coral Cave ist heraus zu hören.  Auf jeden Fall ein gelungener Einstieg.

Den folgenden Part im ersten Block spielte Frank Tischer solo.  Franks Musik war von der deutlich ruhigeren Sorte, mit langen, ruhigen Klangflächen, die über die Zeit aber noch an Fahrt aufnahm.  Darüber improvisierte er die ganze Zeit am Keyboard, ein Beleg für seine Fähigkeiten als Konzertpianist.  Insgesamt war dies ein Teil zum Versinken und Verfolgen der Melodien, auf Videoprojektionen wurde auch bewusst verzichtet,

Den dritten Teil bestritten dann Baltes und Erbe mit der ersten Hälfte ihres Albums s-thetic.  Obwohl ich dieses Material im diesem Jahr schon auf einigen Veranstaltungen gehört hatte (z. B. im Frühjahr auf dem E-Day in Oirschot), sind die beiden doch bei jedem Auftritt in der Lage, die Stücke und die zugehörigen Videoprojektionen so zu variieren, dass sie ihnen neue Facetten hinzufügen.  Spannend ist es dabei, Steve Baltes bei der Arbeit an den vielen Reglern zuzuschauen, die man zeitweise auch auf der großen Videowand verfolgen konnte.

Nach diesem ersten Block war eine halbe Stunde Pause. Einziger kleiner Wermutstropfen der neuen Location war, daß man auf das von Stefan Erbes Frau organisierte Catering verzichten musste, dazu fehlt es einfach an der passenden Infrastruktur.

Auch den zweiten Block begannen Rike Casper und Erik.  Sie starteten dieses Mal mit zwei längeren Titeln, die deutlich ruhiger, dunkler und - man könnte fast sagen - bedrohlicher daherkamen, das wurde auch durch die gezeigten Videos unterstrichen.  Nach diesen beiden Titeln fanden die beiden aber wieder zu dem flotteren und dynamischeren Stil des ersten Blocks zurück, damit passte auch wieder der Kontrast zu dem, was jetzt folgte.

Im zweiten Block spielten Frank Tischer und Bernd-Michael Land als THAU zusammen.  Wieder improvisierte Frank über ambienten Klangflächen, diese wurden dieses Mal aber durch Bernds Beiträge ergänzt und gewannen so deutlich an Volumen.  Wer nicht da war und sich einen Eindruck verschaffen will, besorge sich einfach THAU's aktuelle Veröffentlichung 'Elektra'.

Wie zu erwarten, präsentierten Baltes und Erbe im dritten Teil dann die zweite Hälfte der 's-thetic'.  Der fügte sich in Stil und Variation nahtlos dem im ersten Block gezeigten an.

Die Pause nach dem zweiten Block fiel etwas kürzer aus, genauso wie der dritte Block.  THAU's Zugabe dauerte 'nur' etwa zwanzig Minuten, aber Quantität ist ja bekanntlich nicht gleich Qualität - was Frank Tischer in diesem Part 'ablieferte', war noch eine Klasse lebendiger und die Improvisationen hatten für mich schon fast einen jazzigen Touch.  Nach dem verdienten Applaus wurde der dritte Block dann durch eine kurze Abbau-Pause unterbrochen, damit sich Frank auf seinen (langen) Heimweg nach Fulda machen konnte.

Diese Pause füllte Erik Matheisen spontan mit einigen Solos.  Er brauchte dann auch gar nicht mehr aufzustehen, um zusammen mit Rike den dritten Block zu spielen.  Ihr dritter Teil führte die Musik aus den beiden ersten Blöcken nahtlos weiter.  Man darf auf die CD-Veröffentlichung gespannt sein!

Den Abschluss des dritten Blocks und auch der ganzen Veranstaltung gestalteten dann wieder Baltes und Erbe mit zwei neuen Titeln, die noch 'in Arbeit' sind.  Während man im ersten Titel Stefan Erbes melodische und rhythmische Einflüsse stärker heraushören konnte, war der zweite Titel wieder spaciger.  Es sieht also so aus, als würden die beiden den von der s-thetic bekannten und erfolgreichen Stil fortführen.

Gegen 21 Uhr erreichte das Festival damit sein Ende.  Ein gelungener Reboot an neuem Ort nach der einjährigen Pause und man darf hoffen, dass es auch in 2016 wieder ein Raumzeit-Festival geben wird.

Wer nicht kommen konnte (am gleichen Tag gab es ja auch einige reizvolle Acts auf dem B-Wave-Festival in Belgien), der sollte in den folgenden Wochen mittwochabends in Codo's Traumreisen auf eldoradio.de reinhören - alle Auftritte wurden mitgeschnitten, und Codo hat versprochen, davon einiges in seiner Radiosendung zu präsentieren.

Alfred Arnold