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Kolumne: Warum nur die Individualität gewinnen wird!

101094 web R K B by Kurt Michel pixelio.deUnsere Vorbilder, unsere Heroen und die Pioniere! Wären wir bloß wie sie? Scheiß drauf!
Damals, ja damals waren sie es, die gezeigt haben, wie man mit Innovationen etwas völlig Neues erzeugen kann. Da waren die Riesen-Kisten vollgestopft mit Patchkabeln, aufgestapelt zu Türmen mit analoger Technik und die leuchtenden Sequenzer, die synchron zur exakten 16tel Sequenz blinkten. Das war mutig und Individuell, aber eben nur damals!

Es ermüdet zu lesen, zu hören und erzählt zu bekommen, dass jemand so klingt wie die Jungs von damals. Niemand interessiert die xte Kopie des Originals. Warum? Na weil wir eben das Original schon haben! Anstatt sich darüber zu freuen, dass man den siebenunddreißigsten TD-Clone hervorgebracht hat, wäre die Intention sich etwas Eigenes auszudenken, der richtige Weg gewesen! Dann müsste man sich auch nicht wundern, weshalb die Verkaufszahlen womöglich noch ein paar Kommastellen mehr benötigen, um daraus eine große Zahl werden zu lassen.

Kopieren also verboten? Ja, verboten! Verändern, Erweitern und Individualisieren? Erlaubt!
Wer Tonträger produziert, sich auf die Bühne stellt oder seinen Kram ins Internet stellt, muss auch Kritik aushalten können. Wer sich eben nicht darum bemüht sein musikalisches Alleinstellungsmerkmal zu finden, darf sich nicht wundern, wenn immer wieder aufs Neue gestöhnt wird „Das kenne ich alles schon“! Wenn die vierte CD in Folge ein 100% tes Abbild der vorherigen Drei sind, dann wird’s auch nix mit dieser Scheibe.

Warum gibt es immer noch Gläubige, die die Innovationsgebote des Musikmarktes als reine Blasphemie betrachten und solange ihre selbst gebrannten CDs in den Wald feuern, bis wenigstens 2 Fans ihr Erbarmen hatten und sie gekauft haben. Gibt es denn Niemanden im Umfeld, der sich traut ihnen mal die Wahrheit zu sagen? Wenn die EM weiterleben will, braucht sie eine Weiterführung der Musik und nicht eine ewige Lobhudelei des ewig gestrigen. Es braucht Labels und Produzenten, die nicht jede minimalistische und zumeist schlechte Kopie auf den Markt werfen, um die wenigen Fans noch mehr zu entmutigen. Es braucht Innovationen!

Nicht das wir uns falsch verstehen, es gibt eine große Anzahl an guten Künstlern und Bands, aber leider auch sehr viele, die man nicht dazu zählen kann. Umso mehr schlechte Produkte erzeugt werden, desto weniger neue Fans wird man gewinnen können. Schon gar nicht mit der nächsten Kopie des Meisters, der fruchtigen Träumenden oder der Batteriebetriebenen. Auch französische und griechische Importe sind selten marktfördernd.

Warum also nicht einfach mal etwas Neues probieren?
Stimmt, etwas zu kopieren ist einfacher, aber eben auch langweilig. Wie immer gilt, wer Erfolg haben will, muss mehr dafür tun, außer er kommt aus China und klaut Bauanleitungen für billige Produktkopien aus Fernost. Das funktioniert aber leider nicht mit den Kompositionen der vergangenen 30 Jahre Elektronischer Musik, diese Bauanleitungen sind mittlerweile komplett überholt.

Musik darf auch nicht von der Technik der Geräte bestimmt werden, sondern die Idee muss durch die Geräte umgesetzt werden. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Also, einfach die alten Scheiben wieder ins Plattenregal stellen, die 70er Poster abhängen und einfach mal was anderes ausprobieren. Hauptsache Individuell!

Stefan Erbe

(Bild Kurt Michel/pixelio.de)

Über Empulsiv

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