Manuel Göttsching - Dream & Desire (Re-Edit)

dreamanddesire2019

Eigentlich ist diese Rubrik ja eher Alben-Neuerscheinungen gewidmet. Wenn ein Album eine so bewegte Geschichte wie Manuel Göttschings "Dream & Desire" hat, dann machen wir aber auch gerne mal eine Ausnahme. Das Album enthält Aufnahmen von 1977, die Manuel Göttsching eigentlich nur für eine Radiosendung des RIAS produziert hatte. Moderatoren genossen seinerzeit noch eine viel größere Freiheit und konnte "einfach mal" dieser neuartigen Musik eine Stunde Sendezeit freiräumen.

Was leider seinerzeit auch schon so war: Nicht alles, was es verdient hätte, schaffte es auch auf einen Tonträger, und so mussten Fans außerhalb der "Reichweite" des Senders die nächsten vierzehn Jahre mit privat kursierenden Tonband-Mitschnitten der Radiosendung vorlieb nehmen. Erst 1991 erschien "Dream & Desire" auf CD, und die ist auch schon lange wieder aus den Katalogen verschwunden.

Erfreulicherweise hat Manuel sich entschieden, "Dream & Desire" noch einmal aufzupolieren und auf seinem eigenen Label wiederzuveröffentlichen. Wer dieses Schätzchen klassischer elektronischer Musik in der Sammlung haben möchte, muss sich nicht mehr bei Sammler-Börsen oder nicht ganz so legalen Quellen umsehen. Es lohnt sich, denn es ist ein Beispiel für Manuels einzigartige und fokussierte Spieltechnik: Was wie ein Sequenzer klingt, ist in Wirklichkeit seine Gitarre - eine echten Sequenzer hatte Manuel seinerzeit überhaupt nicht, nur einen EMS-Synthie und eine Farfisa-Orgel. Ist es gerade diese Reduktion im Instrumentarium, die zu zeitlosen Meisterwerken führt? Eine Frage, über die es sich lohnt nachzudenken, während man zuhört.

Die Neuveröffentlichung enthält auch den Bonus-Track "Despair", der nicht Teil der originalen Radiosendung war, aber aus gleicher Zeit stammt und sehr gut zu "Dream" und "Desire" passt.  Sie wird von einem Kommentar von Olaf Leitner begleitet, der beim RIAS seinerzeit die Radiosendung initiierte und noch ein wenig mehr "von alten Zeiten" erzählt. Die waren zwar nicht immer besser, aber für kreative Musiker und Radio-Moderatoren müssen sie genial gewesen sein...

http://www.manuelgoettsching.com/

 Alfred Arnold

 

Über Empulsiv

Empulsiv wurde 2011 als Webzine für (traditionelle) elektronische Musik gegründet. Es berichtete über ein Jahrzehnt von musikalischen Events und über Veröffentlichungen, präsentierte Interviews und Neuigkeiten aus der Szene. Ende 2022 wurde das Webzine eingestellt. Es wird nun als Infoportal mit Eventkalendar, Linksammlung und Archiv fortgeführt, so dass Neues sowies Vergangenes weiterhin gefunden werden kann.