
Wer in diesen Tagen die Elektromusikalische-Konzertlandschaft betrachtet, wird sicher auch über die vielen kommenden Arena-Tour-Termine von Schiller stolpern und sich gedanklich kopfnickend nicht mehr darüber wundern, dass sich Christoper von Deylen über die letzten 20 Jahre eine erstaunlich große Fanbase geschaffen hat. Dabei gilt dies mittlerweile nicht nur für den deutschen Raum, sondern auch für viele andere Länder und deren Events, wie z. B. vor ein paar Wochen in Moskau.
Selbst sein Ausflug in den Iran versammelte dort 30.000 Besucher und hinterließ ein besonderes Highlight, von dem er in diesem Interview berichten wird. Aber nicht nur seine Erzählungen von den vielen Reisen, sondern auch seine Ansichten, Meinungen und Vorstellungen bestätigen den Eindruck, dass hier jemand sehr genau weiß, was er tut und wie er dies alles umsetzen möchte. Sachlich, freundlich und beinahe unaufgeregt erklärt er seine Welt von Schiller, wie er über musikalische Kooperationen denkt und warum am Ende dann doch vieles wieder durch Zufälle entstanden ist. Schiller ist einer der wenigen Musiker, die auch mit traditioneller Elektronischer Musik einen Status erreicht haben, den sonst nur den ewig gestrigen Pionieren aus den 70ern und 80ern vorbehalten blieb. Beinahe vergisst man aber, dass van Deylen eben auch schon zwei Jahrzehnte erfolgreich die Fahne für ein Spartengenre hochhält, obwohl dieses in den kommerziellen Medien nie eine wesentliche Rolle gespielt hat. Sein Erfolgskonzept ist eben eine Mischung aus scheinbar vielen richtigen Entscheidungen und einer Musik, die zur richtigen Zeit den Nerv vieler Fans getroffen hat. Die Kooperation mit anderen namhaften Musikern und ein musikalischer Stil, der sehr viel Spielraum und Variationen zulässt, ist ebenfalls eine gelungene Strategie, um auch mal eine musikalische Gradwanderung erfolgreich zu absolvieren oder einen marktüblichen IDM-Song abzuliefern. Schiller ist immer dann besonders interessant, wenn er außergewöhnliche Sachen ausprobiert, Grenzen überschreitet oder sich an seine musikalischen Wurzeln erinnert. Sein neues Album ‚Morgenstund‘ ist sicher auch ein Kompromiss, um den vielen aktuellen Anforderungen des Musikmarktes gerecht zu werden. Es ist toll produziert mit vielen interessanten Synergien und bietet dabei auch wieder einige traditionelle Elemente.
Zum Interview besuchte ich ihn in einem eher ländlichen Nord-Ruhrgebiet-Probenstudio, welches er schon häufiger für seine Tour-Vorbereitungen genutzt hat. Neben einem sehr ausführlichen Gespräch ermöglichte er dort Einblicke in die Technik und performte mit seinen Tour-Mitmusikern einige Takte der kommenden Show. Wir nutzen eine einstündige Pause zum Interview und sprachen nicht nur über die letzen 20 Jahre, die kommenden Konzerte und das Album, sondern auch über sein Nomaden-Dasein und natürlich über Technik.