Erren, Fleissig, Schöttler, Steffen - Ouddorp Tapes

errenfleissigschoettlersteffen ouddorptapesErren, Fleissig, Schöttler, Steffen? Kennen sie diese Herren?? Vermutlich nicht, "werkeln" sie doch meist im Verborgenen an ihren Electronicals und haben bisher eher weniger mit Veröffentlichungen um sich geworfen. Das Quartett hat sich über ein deutsches Synthesizer-Forum gefunden und irgendwann wurde die Idee eines gemeinsamen musikalischen Projektes geboren. Also mietete man sich in eine Ferienwohnung im südholländischen Ouddorp ein, bewegte einen imposanten Fundus an elektronischen Klangerzeugern dort hin und jamte, was die Tasten und Sequenzer hergaben. MIDI-frei, alles nach guter alter Sitte per analoger Clock marschierend. Die Auslese dieser Aufnahmen finden sich nun auf einer streng limitierten CD-R wieder. Unbearbeitet, ungeschnitten, gerade so wie die Akteure es spontan spielten. Ein gewagter Ansatz.. 

Wer jetzt jedoch 70 Minuten sinnfreies Herumgeklimpere, uninspiriert nagelnde Sequenzerläufe und endlose Solo-Orgien erwartet, der wird erfreulicherweise leer ausgehen. Die vier Musiker beweisen, dass sie ihr Instrumentarium beherrschen, Sinn für Stimmung und Spannungsbögen haben. Ein offenes Ohr für das Spiel der Kollegen ist da schon selbstverständlich. Nichts ist überladen oder wirkt unmotiviert. Alles geschieht mit Verstand und musikalischem Gespür. Geboten wird spacige EM, Ambientes und immer wieder auch kraftvolle Sequenzerpassagen. Sicherlich hätte der eine oder andere Schnitt die wenigen Verspieler oder (selten) zu laut einsetzenden Sounds kaschieren können. Vielleicht hätte es dem einen oder anderen Track doch gut gestanden, wenn ein paar Passagen gestrafft worden wären. Aber die gewählte rohe Form tut letztlich dem gelungenen Werk keinen Abbruch. Dazu gehen die Protagonisten dann doch zu versiert und fokussiert zu Werke. Das soll es sein: ein "Proof of Work".
Man wagt gar nicht daran zu denken, was für ein Album heraus gekommen wäre, wenn die Takes in Einzelspuren aufgenommen und später im Studio aufwendig nachproduziert worden wären. Das Ergebnis hätte so manchen selbsternannten Junggott der EM-Szene den Angstschweiß unter die Achseln getrieben. So aber bleibt mindestens ein sympathisches Album für Freunde spaciger und Berliner Elektronik. Gut auf den Punkt gebrachte 70 Minuten EM. Respekt.

Hörproben: http://soundcloud.com/jebiel/sets/ouddo ... -excerpts/ 
Kontakt & Bezug: info.ouddorp[at]gmx.de

Frank Makowski

Über Empulsiv

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