Mike Hans Steffl - Fragments of a Journey

Mike Hans Steffl - Fragments of a Journey Cover

Mike Hans Steffl scheint ein Freund von themenbasierten Alben zu sein. Diesmal geht es um den Pfad des Lebens. Im Begleittext zum Album heißt es unter anderem: “Fragments Of A Journey ... betrachtet ihn [den Lebensweg] aus einer fiktiven Zukunftsperspektive, um ein universelles Bild zu erschaffen. Die Musik greift bewusst Momente auf, die jeder Mensch kennt, unabhängig von Zeit und Herkunft, und die unsere Entwicklung geprägt haben. ... Musik ist zeitlos, und die verschiedenen Emotionen in den unterschiedlichen Songs sollen das Herz direkt berühren.“

Wie schon bei seinem Vorgängeralbum „Complicated Connections“, das die antike Götterwelt und deren Beziehungen zum Thema hatte, meine ich auch hier, dass die Musik ohne bestimmte Intention gut bestehen kann. Gerade, wenn es um den Lebensweg geht, hat jede und jeder seine eigenen Erlebnisse gehabt und Erfahrungen gemacht - mal mehr und mal weniger erfreulich oder gelungen. Wie man beim Hören die Musik empfindet, ist meist eine höchst individuelle Angelegenheit. Aus vielen Titeln lässt sich Mikes Absicht durchaus ablesen, wie sehr man dem beim Lauschen der Musik aber folgen mag oder kann, bleibt einem ja (glücklicherweise) selbst überlassen.

Dieser große Interpretationsspielraum ist sicher auch ein Vorteil der instrumentalen elektronischen Musik. Bei „Rush Hour“ zum Beispiel stelle ich mir schon fast zwangsläufig durch die „rasenden“ Sequenzen genau das vor, was der Titel nennt. Ebenso könnte ich mir das aber auch bei „Blindfolded Guide“ in der zweiten Hälfte denken, wenn der Track zu einem flotten Stück mit kräftiger Rhythmusbasis wird. Auch hier gibt es schnelle Sequenzen ohne ausgeprägte Melodie im Vordergrund. Ebenfalls sehr gelungen finde ich „Getting Lost“, wobei mich der Titel zu Beginn eher in die Irre führt. Für mein Empfinden klingt das Stück nämlich sehr positiv - ich bin da eher in schönen Klängen versunken als dass ich mich verloren fühlte. Zum Ende aber lösen sich die Sequenzen im Chaos auf.

Im Eröffnungstrack „Into The Forest“ verwundert mich jedes Mal aufs Neue der Bruch in der Sequenz. Die Tonfolge nimmt für Sekunden eine höchst ungewöhnliche Wendung, die sich für meine Ohren seltsam anhört. Die Melodie gefällt mir, auch vom Klang her, ausnehmend gut.

„Detour“ fällt etwas aus dem Rahmen, doch je öfter ich das Stück höre, desto mehr fasziniert es mich. Der Anfang besteht scheinbar nur aus einer Sequenz, aus Drums, aus Rhythmus. Der Sound ist schon außergewöhnlich. Dann steigt eine neue Sequenz ein und verwandelt „Detour“ in eine sehr positive Angelegenheit. Der Melodieteil ist recht sparsam, aber alles andere genügt mir auch schon. Bei „Dead End Road“ weiß ich allerdings nicht so recht, was ich davon halten soll. Das Stück wirkt auf mich wie aus unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt, die nicht so recht zueinander passen. Vielleicht meint Mike aber auch mehrere „Dead End Roads“, also Sackgassen, die einfach ohne Ausweg enden, was die verschiedenen, nirgends hinführenden musikalischen Stränge erklären würde. „Out Of Reach“ ist ein schöner, sehr ruhiger Ausklang dieses Werkes.

Mike Steffl verfolgt konsequent seinen eigenen Stil weiter. Das zeigt sich optisch im Coverbild, das stilistisch gut zu den oben schon erwähnten Alben „Calaboose Islands“ und „Complicated Connections“ passt. Musikalisch zeigt es sich für mich am deutlichsten in der Art, wie Mike die Melodien entwickelt und welche Klänge er dafür nutzt. „Fragments Of A Journey“ präsentiert sich auch mit mehr Sequenzen als die beiden Vorgängeralben, was meinen persönlichen Vorlieben sehr entgegen kommt.

01 Into The Forest 6:26
02 Passages 7:28
03 Detour 5:30
04 Butterfly Directions 5:38
05 Rush Hour 6:50
06 Getting Lost 7:28
07 Blindfolded Guide 8:04
08 Out Of Nothing Into Something 12:26
09 Dead End Road 5:02
10 Out Of Reach 9:18

Bezug: Bandcamp

Andreas Pawlowski

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