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Klangwelt - Second Nature

 Klangwelt - Second Nature

Gerald Arend aka 'Klangwelt' ist ein Musiker, der sich für seine Alben Zeit lässt. Regelmässig vergehen mehrere Jahre zwischen zwei Veröffentlichungen, und das ist bei seinem neuesten Werk 'Second Nature' nicht anders: Dessen Vorgänger erschien 2022.

Umso mehr lohnt es sich, Klangwelts Alben etwas genauer zu betrachten, und vor allen Dingen zu hören. Denn auch bei 'Second Nature' stellt man schon beim ersten Kontakt fest, wieviel Liebe zum Detail und Feinarbeit in jedem einzelnen Track stecken.

Gerald Arend versteht es, all die Stile, Konzepte und Sounds, die die EM in den letzten Jahrzehnten hervor gebracht hat, kreativ zu etwas eigenem zu verweben. Piano-Parts und Gitarrenriffs finden in dem runden Dutzend Titel genauso ihren Platz wie Sprach-Samples oder traditionelle EM-Sequenzen.

So vielfältig wie die eingesetzten Mittel werden dann auch die Titel: Kein Stück ist auf 'Second Nature' so wie das andere, stimmungsmässig hält dieses Album seinen Spannungsbogen bis zum Schluss und es wird nie langweilig. Zum Einstieg werden in 'Empress' elektronische Klänge mit einem weihevollen Touch versehen, der es dem EM-Fan ganz warm ums Herz werden lässt - nur um in 'Molecules' das Tempo mächtig anzuziehen.  Ab dann wartet man förmlich darauf, welche Überraschung im nächsten Track wartet, wie zum Beispiel die zu Musik gewordene 'Rush Hour'. Auch bei nochmaligem Genuss sind immer wieder neue Details zu entdecken.

'Second Nature' ist ein Album, das in bester Tradition zu seinen Vorgängern steht, ohne sich zu wiederholen. Zu seiner hohen inhaltlichen Qualität gesellt sich auch eine ebenso gelungene Abmischung: Der Sound ist dynamisch und voll, aber ohne mit schierer Lautstärke erschlagen zu wollen. Das macht 'Second Nature' in der Summe für mich zu einem der bisherigen Highlights des (nicht mehr ganz so jungen) EM-Jahres 2025!

http://www.klangwelt.info/

http://www.sphericmusic.de/

Alfred Arnold

 

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Stefan Erbe - Metamorphosys

 Stefan Erbe - Metamorphosys

Zwei Jahre hat Stefan Erbe vergehen lassen, um der Geschichte um die künstliche Intelligenz GENE ein neues Kapitel hinzuzufügen.  Und so wie es immer bei seinen Projekten ist: Man erkennt 'Metamorphosys' gleich bei den ersten Takten als Erbe-Album, und doch ist wieder vieles ganz anders als bei dem 2023er-Vorgänger.

Wer eine Fortsetzung der Geschichte um GENE erwartet, wie sie einen mit künstlichen Lebensformen beladenen Raumfrachter steuert und eine Entscheidung treffen muss, bekommt diesen Wunsch auf 'Metamorphosys' nicht erfüllt. Das Album kommt im Gegensatz zu 'Genesys 2023' ohne Dialoge und eine explizite Story aus, und ist wieder ein reines Instrumental- und Musik-Album. Das läßt mehr Raum für verschiedene Interpretationen. Der Begleittext und die Titel geben aber einen Hinweis: Es geht um das Streben nach Perfektion, beziehungsweise die Imperfektion, mit der man leben muß. Viele von uns streben auf irgendeinem Gebiet nach Perfektion, und hadern damit, sie nie zu erreichen. Aber wann ist eigentlich etwas 'perfekt'? Und wenn ein künstliches Wesen sich seiner selbst bewußt wäre, in welcher Hinsicht würde es sich als 'unvollständig' betrachten?

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Wellengärtner - Love

Wellengärter - Love

Wenn ein Musiker zu einem Album anmerkt, dass dieses alle Stile zeigt, die er mag und alle Elemente aufweist, mit denen er gerne arbeitet, ist ein gewisser Stilmix vorprogrammiert. In manchen Fällen ist eine solche Mischung eher unerquicklich. Bei „Love“ von Wellengärtner empfinde ich das anders. Das Album ist auch stilistisch gar nicht so divers. Da manche Klänge mehrfach auftauchen oder ähnlich sind, und der Musiker Jörg Jankowitsch auch derselbe und sich selbst treu bleibt, passt alles zusammen.

Manchmal genügen ihm ganz wenige Stilmittel (z. B. bei „Running Arpeggios“) oder auch ein einziges Element, um wie bei „Fluting Mellotron“ die drei Minuten des Stückes zu füllen. Und zwar ohne dass der Track eine bloße Demonstration des Instrumentes Mellotron würde.

Naturgemäß wirken die einzelnen Stücke bei einem solchen Konzept etwas reduziert, zumindest stellenweise. Das wiederum läßt den Aufbau der Musikstücke deutlich werden. Der Wellengärtner ist gut darin, Atmosphären zu schaffen. Das wird besonders bei „Ambient Soundscape“ und „Loops’n’Strings“ deutlich.

Die Titel geben Jörgs Worten nach ihre wesentlichen stilistischen Elemente wieder. Bei „Strange Beauty“ kann ich das allerdings nicht nachvollziehen, jedenfalls was die erste Hälfte des Titels angeht. Denn „strange“, also sonderbar, fremd oder merkwürdig ist diese Musik ganz und gar nicht. Sondern einfach nur wunderschön, wie ein Schweben auf Wolken oder ein Spaziergang auf dem Regenbogen.

Als direkten Kontrast dazu empfinde ich im nachfolgenden „Dark Atmosphere“ das Dunkle in den Klängen viel stärker als es vielleicht der Fall wäre, hätte dieser Track das Album eröffnet. Es ist jedenfalls kein düsteres Stück, sondern entwickelt durchaus seine schöne und positive Seite.

Einen deutlichen Schwachpunkt hat für mich das Album „Love“ dennoch. Die nicht ganz zwei Minuten dauernde „Contemplative Introduction“ zu Beginn wirkt auf mich recht ziellos und endet sehr abrupt. Da ist „Ambient Soundscape“ deutlich besser als Opener geeignet. Das „Sunny Finale“ ist dagegen ganz hübsch als „Rausschmeißer“ und besser gelungen. Manchmal genügt eben auch eine einzige Minute.

Das soll die Freude an „Love“ jedoch nicht schmälern, es sind nicht einmal zwei von gut 76 Minuten, die ich hier bemängele. Insgesamt finde ich das jüngste Werk von Wellengärtner sehr gelungen.

Andreas Pawlowski

Andy Pickford / RadioSilence - The Wall Becomes A Distant Thought

 Seit Jahren schon veröffentlicht der englische Elektronikhaudegen Andy Pickford unter dem Namen „RadioSilence“ ebenfalls EM, die ein wenig anders ist als das, was man sonst von ihm kennt.

Kürzlich hat Andy bei Bandcamp den Titel „The Wall Becomes A Distant Thought“ veröffentlicht. Dieser Track ist für mich ein Paradebeispiel für die Entwicklung eines langen Musikstücks. In knapp 38 Minuten baut Andy mit wenigen Elementen etwas auf, das mich in seinen Bann zieht, worin ich förmlich versinken kann.

Bernd-Michael-Land - Einskommafünf

Einskommafünf - auf soviel Grad soll der durch den globalen Klimawandel verursachte Temperaturanstieg bis 2100 begrenzt werden. Das Ziel ist - vorsichtig formuliert - ambitioniert, und nicht viel weniger ambitioniert ist es, dies zum Thema der eigenen Musik zu machen.  Bernd-Michael Land unternimmt dieses Wagnis auf seinem neuesten Album, das eben diese Zahl zum Titel hat.

Das muss naturgemäß eine Gratwanderung sein, auf der man einerseits nicht in große Gesten ohne Inhalt abrutschen darf.  Andererseits darf die Sache aber auch nicht mit allzu erhobenem Zeigefinger daherkommen.

Über Empulsiv

Empulsiv wurde 2011 als Webzine für (traditionelle) elektronische Musik gegründet. Es berichtete über ein Jahrzehnt von musikalischen Events und über Veröffentlichungen, präsentierte Interviews und Neuigkeiten aus der Szene. Ende 2022 wurde das Webzine eingestellt. Es wird nun als Infoportal mit Eventkalendar, Linksammlung und Archiv fortgeführt, so dass Neues sowies Vergangenes weiterhin gefunden werden kann.