
Blickt man in die Vergangenheit synthetisch erzeugter Musik, so scheint es besonders in Deutschland eine Menge Pioniere gegeben zu haben, die nicht nur das heimische Geläuf stromgeladener Musiker inspirierten, sondern globusweit viele Fans, Künstler und Bands motivierten, die Elektronische Musik zum Urquell des eigenen Interesses zu erklären. Dass der Name Tangerine Dream nicht nur dazugehört, sondern sicherlich in der Liste ziemlich weit oben zu finden sein wird, wundert nicht. Die Berliner Band ist dabei über viele Jahrzehnte in den verschiedensten Konstellationen erfolgreich gewesen, wird aber sehr häufig auch über bestimmte Mitglieder definiert, die gerade in den frühen Jahren den Sound maßgeblich beeinflusst haben. Zwei von ihnen sind Johannes Schmoelling und Jerome Froese, die vor drei Jahren gemeinsam mit Robert Waters eine bedeutsame Symbiose eingegangen sind und das Projekt „Loom“ gründeten. Ursprünglich als Live-Konzept für das Niederländische E-Live-Festival initiiert, ließ Loom mittlerweile zwei Alben und zwei EPs folgen, die nicht nur die alte 80er-Jahre-Fangemeinde erfreuten, sondern auch neue Freunde gewinnen konnten. Loom hat tatsächlich etwas geschafft, was bisher wenigen Musikern aus damaligen Zeiten glückte, nämlich den ursprünglichen Spirit mit neuen und aktuellen Elementen zu vereinen, um sich eben nicht im alten Dino-Sound der Vergangenheit zu verlieren. Der musikalische Erfolg mag auch daran liegen, dass anscheinend jeder der drei Musiker seine Stärken in den loomschen Klangkosmos einbringt und sich das Projekt auf seine kompositorische Kompetenz verlassen kann. Das aktuelle Album The Tree hates the Forest klingt ein bisschen nach dem frühen TD-Sound, ganz klar, wenn zwei Ehemalige in die Tasten und Saiten hauen, besitzt aber jede Menge guter Ideen und grenzt sich damit deutlich von einer retrospektiven Kopie alter Sequenzerkunst ab.
Grund genug, dem neuen berlinerischen Glanz mal einen persönlichen Besuch abzustatten und Froese jr., Waters und Schmoelling zum Interview zu bitten. Dies fand im Viktoria-Park-Studio von Johannes Schmoelling statt, in dem es nicht nur ordentlich nach EM-Geschichte roch, sondern sehr so anmutete, als ob auch zukünftig noch Geschichtsträchtiges dort entstünde.
Auf der beschaulichen Reise durchs Bergische Land kommt man auch durchs ländliche Odenthal, dem Ort in dem das Studio von Elektro-Tüftler Erik Seifert zu finden ist. Der „Pleasure-Sound“, so der Name seiner selbständigen Unternehmung zeichnet sich im besonderen durch die enorme Detailverliebtheit aus, über dass stetig exzellente und knackige Klangdesign und der Tatsache, dass Seifert grundsätzlich Nichts dem Zufall überlässt. Allerdings verwundert es den Fragesteller schon, warum die derzeitige Fanbase noch nicht so Stattlich dimensioniert ist, wie es seine Musik vermuten lässt, denn seine Alben klingen nicht nur extrem „teuer“, sie liegen auch im weiten Rund der traditionellen Elektro-Künstler auf dem allerhöchsten Niveau. Auch das neue Album „Softlock“, welches gemeinsam mit Josef Steinbüchel kreiert wurde, entspricht dem hiesigen Anspruch. Extrem dichter Ambient trifft auf sequenzierten Analog-Sound. Eine wirklich tolle Mischung, praktisch der Kopfkino-Scifi-Soundtrack, zu dem es keine echten 3D Bilder braucht. Grund genug, um mal einen umfangreichen Blick ins Seifert-Universum zu werfen.


