Wer den Niederländer Remy Stroomer und seine Musik kennt, wird wissen, dass er eher selten mit dem typischen Genre-Elektronik-Sound mitschwimmt. So auch in seinem neuesten Solo-Werk, dass nun nach einer langjährigen EM-Pause erschienen ist und seine Fans zu einer intensiven Beschäftigung verpflichtet. Die Tracks sind komplex und kantig, schaffen düstere Empfindungen und entsprechen ganz dem Titel des Slberlings. Aber wer sich die Zeit nimmt in das Werk einzutauchen, wird auch viele "positive" Highlights entdecken, nämlich die, in denen Remy seine künstlerische Qualitäten voll ausspielt. Fears ist und bleibt kein EM-Mainstream, spielt aber auf einem hohen Level, welches direktes Zuhören erfordert. Dann eröffnet es nicht nur Dunkles sondern viel Licht, die uns keine Angst machen muss.
http://www.desertedislandmusic.nl
Stefan Erbe
Wieder einmal viel beworben und in den Reihen der Elektronikfans skeptisch beäugt, am 2. Dezember erscheint Oxygene 3 von Jean-Michel Jarre, ein neuer Versuch, an sein Erfolgsalbum von 1976 anzuknüpfen. Vor genau 40 Jahren also erschien das erste Album namens Oxygene. Im Gegensatz zu Oxygene 2 war Jarres Intention, das neue Album im Geiste der ursprünglichen Kompositionen entstehen zu lassen. Muss man nun von dem dritten Kapitel der Reise begeistert sein? Muss man nicht. Aber man kann es durchaus mögen.
Das Album wird unter anderem als Vinyl-Platte vertrieben, entsprechend ist auch die Länge des Albums unter 40 Minuten. Vorab wurde am 4. November Oxygene Part 17 als Single veröffentlicht. Aus meiner Sicht nicht das beste Stück des Albums mit ein wenig zu populärem Anstrich. Das Album selbst wartet mit tatsächlich neuer Musik aus Jarres Feder auf, lediglich Part 16 und die bereits genannte 17 neigen leicht zu aktueller Elektronikmusik. Die Stücke selbst bieten modernen Klang, mit doch einigen Reminiszenzen an die Klangwelt des ersten Albums der Reihe. Am deutlichsten zu hören in Part 20, wo kurzzeitig Band in the Rain im Hintergrund spielt.
Meine Erwartungen gegenüber Oxygene 3 waren nicht sonderlich hoch, erinnert man sich an die eher technoiden Versuche der letzten Zeit und dem Kollaborationswahn von Electronica. Umso positiver bin ich überrascht, denn das Album ist zwar nicht der Quell an innovativen Ideen, aber durchaus eine angenehme Fortsetzung des Originals. Was die Tracks angeht, so fehlen mir teilweise Identität schaffende Merkmale, einige Phrasen sind für mich ein wenig zu abwegig übereinandergelegt. Insgesamt fühle ich aber den Geist hinter der Musik. Schön, dass Jean-Michel Jarre hier zu seinen ursprünglichen Tugenden zurückgekehrt ist.
Künstler-Website: Jean-Michel Jarre
Bezug: Online-Handel, ab 2. Dezember 2016
Stefan Schulz
Wenn ein Album als "Berliner Schule" deklariert wird, hat der geneigte Hörer ein gewisses Klangbild vor Ohren. Mit Bertrand Loreau und Lambert treffen hier zwei Künstler aufeinander, die ein doch großes Spektrum dieses Musikstils abdecken, kommen sie zum einen aus der Klaus Schulze und zum anderen der Tangerine Dream Ecke, insbesondere deren Stilen der 70er und 80er Jahren. Was kann man nun aus solch einer Zusammenarbeit erwarten? Klanglich jedenfalls hat mich das Album durch seine Vielfalt und einen spannenden Variantenreichtum überrascht. Hier scheinen nicht nur die genannten Künstler eingang gefunden zu haben, sondern auch andere inspirative Quellen. Man mag mich schlagen, aber für mich klingen so einige Stellen nach einem frühen Jean-Michel Jarre, anderes erinnert mich stark an Syn-Code von Software (unter Peter Mergener). Vielleicht ist dies aber auch eine Eigenheit der verwendeten Instrumente, die hier ausschließlich von der analogen, traditionellen Art elektronischer Musik sind.
Das Album besticht durch die knackigen Sequenzen, melodisch getriebenen Flächen und vielen elektronischen Effekten, die dem Ganzen ein flirrendes Dasein verpassen. Jedes der drei langen Stücke des Albums scheint sich in deren Verlauf immerwährend weiter zu entwickeln, bleibt, wie von der zitierten Zeit gewohnt, nicht lange bei einem Thema stehen. Die vermeintlichen Wiederholungen wandeln sich derart, dass man das Gefühl hat, einem lebenden Stück Musik zuzuhören, einem klanglichen Organismus, der weniger eingespielt als sich selbst findend anmutet.
Für Liebhaber der traditionellen, ursprünglichen elektronischen Musik aus den frühen Zeiten sicherlich ein Kleinod, aber auch für Fans der jungen Elektronik eine schöne Reise in eine mehr organische Klangwelt des technisch dominierten Genres.
Bezug: Spheric Music
Stefan Schulz
Gunnar Spardel, Mastermind von Tigerforest beglückt uns immer wieder mit hochkarätigen Veröffentlichungen. Auch sein neueste Werk bildet keine Ausnahme und vollführt den gekonnten Spagat zwischen eigener Stillistik und Schilleresker Musik, die einen über das gesamte Album im ewigen Glücksmoment -Modus verweilen lässt. Vorrausgesetzt man mag die Symbiose vokaler Träumereien und Syntheticals die selbst der Großmeister des Genres nicht besser hinbekommt. Der Sound ist top, die Klangteppiche voluminös und das Produktionslevel extrem hoch. Warum ist Tigerforest bisher noch nicht so richtig abgegangen? Vielleicht liegst am Bandnamen oder vielleicht brauchts noch ein bisschen mehr Marketing oder vielleicht doch mal mit Namedropping versuchen? Uns ist es egal, hauptsache es kommen immer so gute Nummern heraus. Irgendwann klappts dann auch mit dem ersten richtigen Charterfolg. Verdient wäre es!
https://gunnarspardel.com/
Stefan Erbe
Wäre nicht ganz seine Wellenlänge, ob ich nicht eine Rezension davon machen wollte, schreibt Stefan (Erbe). Warum nicht, reinhören sollte man immer mal, nicht ohne Grund hat der Autor dieser Zeilen mal gesagt, der Kopf wäre rund, damit man in alle Richtungen gleich gut denken kann.
Und Stoff zum Nachdenken gibt dieses Album reichlich. Uwe Cremer und Thomas Rydell bieten hier keinen Stoff zum 'nebenbei hören', dazu ist das Werk zu kompliziert und vielschichtig. Stilistisch tue ich mich schwer, es einzuordnen, natürlich ist Elektronik dabei, aber auch viel Prog-Rock und Gitarre, und die eine oder andere orchestrale Einlage. Bei jedem Hören findet man etwas neues, es ist definitiv eines jener Alben, denen man auch eine zweite, dritte oder vierte Chance geben muss.
Wie der Name schon sagt, steht die Zeit als Thema über allen Titeln, und wie sie unser heutiges Leben bestimmt: Sei es als der Wecker, der uns morgens unsanft weckt, als Zeitnot, unter der wir durch den Tag hetzen, aber auch als Vergangenheit mit vielen schönen Erinnerungen. Solche Gefühle und Emotionen bildet die Musik auf diesem Album für mich ab, eben mal schroff und mal sanft. Und während man beim Hören so seine eigenen Assoziationen hat, bietet sich die Gelegenheit, mal über das eigene Verhältnis zur Zeit nachzudenken.
Alfred Arnold