"The Precious Dark" ist das neueste Werk des Ambient-Visionärs David Helpling, der hier mit dem Klangalchemisten Eric „the“ Taylor zusammenarbeitet, um die Grenzen zwischen Licht und Schatten bzw. Atmosphäre und Melodie zu feiern und sie aufzulösen. Es ist ein cineastisches, langsam brennendes Eintauchen in einen leeren Raum, wo kristalline Strukturen für einen Moment schimmern, bevor sie in einer tiefschwarzen Leere verschwinden.
Vom ersten Stück "The Space Between Atoms" an, scheinen Helpling und Taylor weniger an traditionellen Kompositionen interessiert zu sein, als daran, Gravitationsfelder zu erschaffen, die zu Zonen des Drucks, der Intimität und der Befreiung werden könnten. Das Stück beginnt in einer weiten, gedämpften Stille, einer Leere, in der eine latente Energie schlummert. Wenn der Beat einsetzt, ist das Gefühl kinetisch, erhebend und euphorisch. Es fühlt sich weniger wie ein Tropfen und mehr wie eine Ausrichtung an. Es gibt einen Puls, ja, aber er ist organisch, wie ein rotierender Planet oder eine sich mit Atem füllende Lunge.
Der Titeltrack "The Precious Dark" ist das gravitätische Herzstück des Albums. Klaviertöne verteilen sich wie Kerzenlicht über einen samtenen Hintergrund, Gitarrentexturen schweben ein und aus wie Phantome, und ein gespenstisches Orchester taucht an den Rändern der Wahrnehmung auf. Es gibt hier eine tiefe emotionale Strömung, eine Ehrfurcht vor der Stille und dem Unbekannten, die an die introspektiven Momente eines Max Richter oder von Hammock erinnert, aber mit einem deutlich dunklem, elektronischem Zentrum.
Videotrack zum Titelstück (auf Youtube)
"The Ice Has Dreams" ist eine Hommage an John Carpenters "The Thing" und schlägt eine kältere, elementare Richtung ein. Ein entferntes Dröhnen rumpelt unter glasigen Texturen und erinnert an das langsame Auftauen von etwas Uraltem und Tödlichem. Helpling und Taylor scheinen zu fragen: Was wäre, wenn das Monster auch träumt? Was ist, wenn etwas in der Dunkelheit eine Erinnerung hat?
In "Her Endless Cold Embrace" beginnt die Zeit zu kriechen. Die Spannung windet sich in eisigen Schleifen, während uns Klavierfäden tiefer in einen gefrorenen Kern führen. Das Sounddesign ist hier akribisch. Jede Note hat Gewicht und Konsequenz, jede Hallfahne ein Flackern von etwas Verlorenem. Die Isolation wird hier als Schönheit wiedergegeben.
Das letzte Stück "We Rise in a Harmonious System" bietet schließlich ein Gefühl des Aufstiegs. Es gibt eine Erneuerung der Dynamik, das Versprechen, den Schleier zu lüften. Wenn sich das Tempo beschleunigt und sich die Texturen nach außen erweitern, hat man das Gefühl, in eine Umlaufbahn hinein zu gleiten - kinetisch, himmlisch und letztlich erlösend. Es ist ein leuchtender Abschluss einer Reise, die in der dunklen Stille begann.
Während das frühere Projekt der Künstler mit Dark Sky Alliance (Interdwell) auf ausladenden Klängen beruhte, ist "The Precious Dark" flüssiger und weniger strukturiert. Helpling beschreibt es als "jedes Mal neu anfangen", ein Gefühl, das sich in der organischen Entwicklung eines jeden Tracks widerspiegelt. Nichts fühlt sich erzwungen an. Die Musik entfaltet sich wie ein natürliches Phänomen.
Eric "the" Taylor bringt gleichzeitig eine experimentelle Tiefe mit, die er in jahrelanger Arbeit im elektronischen Untergrund von Upstate New York entwickelt hat - seine Vergangenheit mit The Fragile Fate und Kollaborationen mit Künstlern wie Tony Levin und Robert Rich schlagen sich in der vielschichtigen Komplexität des Albums nieder. Seine Texturen sind nie ornamental, denn sie sind eindringlich.
Gemeinsam haben Helpling und Taylor etwas geschaffen, das mehr ist als Ambient, mehr als Kino. The Precious Dark ist eine Einladung, sich treiben zu lassen, sich aufzulösen, die Orte zwischen Atomen und Erinnerung zu erkunden. Mit dem Versprechen eines kostbaren Wunders, das im Schatten liegt, wird hier die Dunkelheit gefeiert.
Tracks:
- The Space Between Atoms
- The Precious Dark
- Cavernous Heart
- The Ice Has Dreams
- Her Endless Cold Embrace
- For Those in Shadow
- We Rise in a Harmonious System
(Eric und David, Photo von Spotted Peccary Music)
Links:
https://orcd.co/the-precious-dark
https://spottedpeccary.com/shop/the-precious-dark/
https://davidhelpling.bandcamp.com/album/the-precious-dark
Unboxing
https://youtu.be/bqs1LnEdyyw?si=5RsyLXlTXNblUSt6:
Es gibt ein 16-seitiges, farbiges Booklet mit der urbanen Makrofotografie von David Behringer alias @Elusiveilusionz und der grafischen Präzision von Daniel Pipitone, das unerschrockene Hörer kostenlos als PDF herunterladen können:
https://spottedpeccary.com/booklet/the-precious-dark
Eine Rezension von
Astral Jim
(Aus dem Englischen, Original siehe unten)
The Precious Dark
David Helpling & Eric "the" Taylor
Spotted Peccary Music
On The Precious Dark, ambient visionary David Helpling teams up with sonic alchemist Eric “the” Taylor for a collaboration that both celebrates and dissolves the boundaries between light and shadow, or atmosphere and melody. It's a cinematic, slow-burning immersion into the void, where crystalline structures shimmer for a moment before vanishing into the inky void.
From the opening track, “The Space Between Atoms,” Helpling and Taylor seem less interested in crafting traditional compositions than in invoking gravitational fields, which might become zones of pressure, intimacy, and release. The piece begins in vast, hushed stillness, a void pregnant with latent energy. When the beat emerges the feeling is kinetic, uplifting, and euphoric. It feels less like a drop and more like an alignment. There’s a pulse, yes, but it’s organic, like a planet rotating or a lung filling with breath.
The title track, “The Precious Dark,” is the gravitational heart of the album. Piano notes scatter like candlelight across a velvet backdrop, guitar textures drift in and out like phantoms, and a spectral orchestra looms at the edges of perception. There’s a deep emotional current here, a reverence for silence and the unknown, that recalls the most introspective moments of Max Richter or Hammock, but with a distinctly dark electronic center.
“The Ice Has Dreams” is an homage to John Carpenter’s The Thing, and takes a direction that is colder, more elemental. A distant drone rumbles beneath glassy textures, evoking the slow thaw of something ancient and lethal. Helpling and Taylor seem to ask, what if the monster was dreaming, too? What if something in the darkness has a memory?
On “Her Endless Cold Embrace,” time begins to crawl. Tension coils in icy loops as piano threads guide us deeper into a frozen core. The sound design here is meticulous. Each note has weight and consequence, each reverb tail a flicker of something lost. Isolation here is rendered as beauty.
The final piece, “We Rise in a Harmonious System,” offers an eventual sense of ascension. There's a renewal of momentum, the promise of lifting off the veil. As the tempo accelerates and textures expand outward, there's a feeling of slipping into orbit – kinetic, celestial, and ultimately redemptive. It’s a luminous close to a journey that began in stillness.
While the artists’ previous project with Dark Sky Alliance (Interdwell) hinted at expansive sonics, The Precious Dark is more fluid, less structured. Helpling describes it as “starting fresh every time,” and a sentiment that plays out in the organic growth of each track. Nothing feels forced. The music unfolds like a natural phenomenon.
Eric “the” Taylor, at the same time, brings an experimental depth forged through years in the upstate NY electronic underground—his past with The Fragile Fate and collabs with artists like Tony Levin and Robert Rich bleed through in the album’s layered intricacy. His textures are never ornamental because they haunt.
Together, Helpling and Taylor have created something that’s more than ambient, more than cinematic. The Precious Dark is an invitation to drift, to dissolve, to explore the places between atoms and memory. With the promise of the precious wonder that lies in shadow, here darkness is celebrated.
Astral Jim