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Spaceworks 2018 - Die Zukunft im Blick

Ein Berggipfel ist der richtige Ort, den Blick in alle Richtungen schweifen zu lassen. Im übertragenen Sinne gesehen, hatte Stefan Erbe mit der Sternwarte Hagen den perfekten Ort gewählt, mit "Spaceworks 2018" auf sein musikalische Schaffen der vergangenen Jahre zurückzublicken, und gleichzeitig eine Ausblick auf das zu gewähren, was in den nächsten Monaten von ihm zu erwarten sein wird.

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Die Sternwarte liegt etwas außerhalb von Hagen auf einer Bergkuppe im Wald, dem zu beobachtenden Himmel damit ein Stückchen näher und auch weniger gestört von der "Lichtverschmutzung", die Astronomen in unseren Breiten die Arbeit erschwert. Das letzte Weg-Stück vom Besucherparkplatz bis zum Gipfel muss man zu Fuß zurücklegen, nur in Ausnahmefällen darf dieser Weg mit dem Auto befahren werden. Für den Rückweg in der Dunkelheit wird das Mitbringen von Taschenlampen dringend angeraten.

"Strassen NRW" hatte für diesen Samstag diverse Baustellen angekündigt, mein Navi hatte es aber geschafft, mich um alle gesperrten Autobahnen und Staus herumzuleiten. So sind es noch fast anderthalb Stunden bis Konzert-Beginn, als ich den Aufstieg zur Sternwarte geschafft habe. Das übliche Buffet mit Getränken und kleinen Snacks ist noch gar nicht aufgebaut, aber dafür ist der Eugen-Richter-Turm direkt neben der Sternwarte noch geöffnet. Auch wenn ich schon einige Male zu einem Erbe-Konzert an diesem Ort war, habe ich heute doch zum ersten Mal die Gelegenheit, den Turm hochzusteigen. Von der Spitze des Turms hat man den Ausblick auf Hagen und die umliegenden Hügel, und auch der ungewöhnliche Blick von oben auf die Kuppel der Sternwarte ist die vielen Stufen der engen Wendeltreppe wert.

Wieder "unten" in der Sternwarte angekommen, ist das Buffet dann eröffnet. Neben heißen Würstchen gibt es von Frau Erbe selbst gemachten Salat, und das zu wirklich günstigen Preisen. Frau Erbe hakt heute auch die Liste mit den Karten-Vorbestellungen ab (eine Abendkasse gibt es nicht!), und sie kümmert sich um den CD-Stand. Als Bonus darf sich jeder Besucher eine kostenlose Erbe-CD aussuchen. Was Besucher wie ich machen, die ohnehin schon alle haben? Man darf sich diesen "Gutschein" auch für einen Download von Stefan Erbes kommendem Album aufheben, einige der dafür bereits fertigen Tracks sollen heute gespielt werden. Was man aber als brandneues Album mitnehmen kann, ist "The Sound of Syndae", eine CD, die Stefan Schulz anlässlich des zehnjährigen Jubiläums seines Syndae-Podcasts erstellt hat und für die Stefan Erbe den Vetrieb übernommen hat.

Bevor "The Sound of Syndae" seine Vorstellung bekommt, gibt Stefan Erbe noch eine Einführung zu diesem Abend, zusammen mit einem kurzen Abriss zur Historie dieses Spielorts (das angedrohte zweistündige astronomische Seminar über die Sonne bleibt uns heute erspart). Während die letzten Besucher eintrudeln, erzählt Stefan von seinem ersten Konzert an diesem Ort. Man hatte eine Woche vorher mit dem Aufbauen angefangen, und seinerzeit gab es auch noch "Schwingungen" im WDR. Gab Winfried Trenkler einen Konzert-Termin in seiner Sendung durch, dann konnte man sich sicher sein, dass alle Planungen zur Zuschauerzahl über den Haufen geworfen wurden. So kam es auch damals: Zusatzkonzerte an den folgenden Tagen waren notwendig, um alle Ticket-Anfragen zu befriedigen - auch wenn man die Stühle im Vortragsraum eng stellt, passen beim nicht mehr als etwas fünfundsechzig davon hinein.

Ganz so brechend voll ist es heute nicht, der heutige Abend soll ein intimer werden und die Zahl der Zuschauer wurde bewusst auf fünfzig begrenzt. Denen darf Stefan Schulz als nächstes erzählen, wie er zum Syndae-Podcast gekommen ist - nämlich auch durch ein Konzert hier in der Sternwarte. Um es mit seinen eigenen Worten zu sagen: "Was kannst Du? Nichts! Also mache ich einen Podcast." Das ist natürlich eine mehr als bescheidene Untertreibung, denn auch so ein wöchentlicher Podcast erstellt sich nicht von selbst, und "nebenher" betreut Stefan Schulz die EMpulsiv-Webseite und bereitet mein Geschreibsel und Geknipse so weit auf, dass daraus lesenswerte Konzertberichte werden.

Der Syndae-Podcast läuft nun seit zehn Jahren und weit über vierhundert Folgen waren ein Anlass, das Projekt einer Jubiläums-CD anzuleiern. Musiker waren aufgefordert, einen Titel basierend auf dem Syndae-Thema zu komponieren und einzureichen. Das Ergebnis ist "The Sound of Syndae" und wird sicher noch Gegenstand eines eigenen Artikels sein.

Auch Stefan Erbe hat einen Track zur Syndae-CD beigesteuert, jetzt ist aber erst einmal Zeit für den ersten Teil des Konzerts. Zu uns spricht "Gene", die synthetische Stimme von Stefans (noch) aktuellem Album "Genesys". Die lädt uns aber dieses Mal zu "Spaceworks 2018" ein. Stefans gleichnamiges Album liegt schon mehr als anderthalb Jahrzehnte zurück, damals kannte ich ihn und seine Musik noch gar nicht. Mit "Aufwind" findet sich auch ein Titel von "Spaceworks" in der heutigen Playlist, ansonsten liegt der Schwerpunkt aber auf den letzten fünf Jahren. Titel des kommenden Albums rahmen den ersten Block ein. Der geht (mal wieder) viel zu schnell vorüber, Stefan Erbe versteht es, die einzelnen Tracks abwechslungsreich zusammenzustellen. Die Videos, bei denen ich das eine oder andere "Deja vu" vergangener Jahre haben, tun ihr übriges, die Sache kurzweilig zu gestalten.

Eine Viertelstunde Pause nach dem ersten Teil gibt sowohl Zuschauern als auch dem Musiker die Gelegenheit, sich noch einen Kaffee oder andere Getränke zu holen. Würstchen und Salat sind auch jetzt noch reichlich vorhanden.

Der folgende zweite Teil wird ein genauso bunter Mix wie der erste. Ausflüge ins All mischen sich mit Titeln, die eher irdische Motive haben, und bei "Cloudcontrol" hängt man auch einmal irgendwo zwischen Erde und Weltall. Leise flüsternd tauschen wir uns aus, ob dieser oder jener Track jetzt ein neuer ist oder doch schon vor ein paar Jahren veröffentlicht wurde. Es ist natürlich etwas gewagt, aus den paar neuen Tracks auf das neue Album folgern zu wollen. Ich wage aber die Prognose, dass es nach dem Ausflug ins All wieder auf Mutter Erde zurückgehen wird, und die Titel nach der eher sphärischen "Genesys" wieder rhythmischer und beat-lastiger werden. Es würde zu Stefan passen, denn immer das gleiche zu machen ist nicht sein Ding.

Eine für mich neue Seite erlebe ich in der geforderten und natürlich gewährten Zugabe: Als Video zu "Child from Aleppo" läuft ein Film von Unicef über Kinder in der vom Krieg gezeichneten Stadt. Sie leben in halb zerstörten Häusern und laufen auf dem Weg zur Schule über deren Trümmer, aber auch ein verlorenes Bein kann eines der Mädchen nicht vom Lernen und vom Fußballspielen abhalten - so ein Kick auf Krücken hat schon etwas akrobatisches, und gibt diesem ernsten Thema eine positive Note.

Das ultimative Finale des Abends ist allerdings schon fast eine feste Tradition: "s-thetic", in der originalen Erbe-Variante, wie man sie auf der "2club Genetica" findet. Auch ohne die Beiträge von Steve Baltes hat dieser Track seit seinem Erscheinen auf dem gleichnamigen Album nichts an seiner Energie verloren. A propos Steve Baltes: Baltes und Erbe hatten sich in diesem Jahr ja eine Auszeit genommen, der kurzfristig und als Ersatz für Kebu angekündigte Auftritt bei E-Live in Oirschot wird der einzige in 2018 sein. Fürs kommende Jahr ist aber wieder etwas geplant, und wie schon bei der "Electric Garden" soll das kommende Album hier in Hagen live aufgenommen werden. Auch in 2019 wird die Sternwarte Hagen wieder in meinem Terminkalender stehen...

Alfred Arnold

Über Empulsiv

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