LLL - Shaping Colours

Unter „herkömmlicher“ elektronischer Musik ist dieses auf dem iapetus-Label erschienene Album definitiv nicht zu fassen. Alleine schon die Instrumente, die die drei aus Italien stammenden Musiker hier spielen, bieten ganz neue Möglichkeiten und fordern Hörgewohnheiten heraus.

Drei L als Bandname: Luca Formentini (ein erstes L) war mir zumindest schon von einer Zusammenarbeit mit Robert Rich bekannt. Die anderen beiden L, Lorenzo Feliciati und Luca Calabrese, höre ich hier zum ersten Mal. Ersterer spielt außer elektronischen Instrumenten vor allem E-Bass, der zweite steuert insbesondere die in der EM selten zu hörenden Blasinstrumente (Flügelhorn und Taschentrompete) bei. Diese Instrumente kommen in der EM wahrlich nicht sehr oft zum Einsatz. Ein Flügelhorn ist immerhin bei dem Titel „Le Singe Bleu“ von Vangelis (L’Apocalypse Des Animaux, 1973) zu hören, und da passte es schon sehr gut.

Mit „Sheltering Purple“ tastet man sich in dieses Album hinein. Etwas kratzige Sounds, E-Piano, eine Stimme - der Beginn hätte auch von Bernhard Wöstheinrich stammen können. Dann setzt eine Sequenz ein und in der letzten Minute des Openers beeindruckt mich der Basslauf. Nahtlos geht es in „Green(ish)“ über, wo dann auch die Blasinstrumente ihren Einstand geben.

Die organischen Klänge von Flügelhorn und Taschentrompete bilden einen wunderbaren Kontrast zu den elektronischen Instrumenten, besonders in den Passagen, in denen Sounds wie Störungen bei Funkfrequenzen oder Nebengeräusche von Schellackplatten auftauchen. Doch auch die Trompete bietet natürlich Möglichkeiten, den Klang zu verändern und Luca Calabrese spielt hier einiges aus.

Bei dem kurzen „Black Recipe“ steht der E-Bass im Vordergrund, „Yellow Reflection“ wartet mit ungewöhnlichen rhythmischen Sounds auf, „Flourescent Strip“ hat eine tolle Sequenz und eine schöne Melodie. Stellenweise sind auf dem Album auch Einflüsse aus dem Jazz zu hören, und vieles wirkt schon recht experimentell.
„The Blue Garden“ sind fünfeinhalb Minuten faszinierende Atmosphären, bei „Morning Red“ wird intensiv improvisiert, wobei einzelne Elemente des Stücks sich auch durch „Short Orange“ ziehen. Der Schlusstitel „Almost White“ beginnt sehr harmonisch, zerfasert im Mittelteil ein wenig, bevor der Track eher ambientartig ausklingt.

Ich finde, dass man durchaus den eigenen Horizont mit „Shaping Colours“ erweitern kann und den drei Italienern ein Ohr schenken sollte. Bemerkenswert ist sicherlich auch, dass dieses Albm eine Liveaufnahme vor Publikum ist, und dass die drei Ls nie zuvor gemeinsam Musik gemacht haben.

Playlist:

  1. Sheltering Purple 4:15
  2. Green(ish) 7:30
  3. Black Recipe 2:25
  4. The Blue Garden 5:29
  5. Yellow Reflection 12:05
  6. Morning Red 5:20
  7. Short Orange 3:20
  8. Flourescent Strip 5:41
  9. Almost White 6:26

Bezug: https://l-l-l.bandcamp.com/album/shaping-colours

Andreas Pawlowski

Über Empulsiv

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