Rezensionen
Computerchemist - The Fort
Für Dave Pearson, der als "Computerchemist" firmiert, ist "The Fort" eine Premiere, nämlich sein erster Film-Soundtrack. Auf CD veröffentlicht, sind Film-Soundtracks ein bisweilen schwer zu handhabendes Material, weil sie passend für die Szenen eines Films komponiert werden. Allzu oft hat man es in der Vergangenheit erlebt, dass die Musik-Schnipsel so, wie sie sind, auf eine CD gepresst werden und ohne die begleitenden Bilder Funktion und Sinn verlieren. In diese Falle ist man bei "The Fort" erfreulicherweise schon einmal nicht gelaufen: Gerade einmal sechs Tracks füllen die Spieldauer einer CD nahezu komplett aus, und können auch ohne begleitendes Bilder bestehen.
In "The Fort" muss sich eine versprengte Gruppe von Soldaten in einer alten Festung verschanzen und einrichten. Aber auch in dieser Refugium lässt sich die Realität eines Krieges nicht verdrängen. Eröffnet wird "The Fort" von einem melodisch-rhythmischen Track, der mit seinen Gitarren-Parts den rockigen Touch mitbringt, den man schon von einigen Studioalben von Dave kennt. Danach wird es aber extrem atmosphärisch: Über weite Strecken hört man nur noch den Wind, der um das Fort weht, nur kurz unterbrochen von Passagen, die etwas mehr 'Action' andeuten. Das lässt viel Raum für eigene Vorstellungen, was in diesem Teil des Films in und in dem Fort vor sich geht.
"The Fort" sollte eigentlich im Mai 2020 Kino-Premiere haben, diese ist aber wie bei vielen andere Filmen Opfer der Corona-Pandemie geworden. Einstweilen muss das eigene "Kopfkino" als Bühne für diesen Soundtrack herhalten. Und was das gute dabei ist: auf dieser Bühne muss nicht unbedingt ein Kriegsszenario der Hintergrund sein. Situationen, in denen Stille und Abgeschiedenheit Raum zur Selbstreflexion geben, gibt es überall, und der Soundtrack zu "The Fort" funktioniert auch, wenn man sich den Wind in den eigenen vier Wänden um den Kopf pfeifen lässt.
https://computerchemist.bandcamp.com/
Alfred Arnold
Bernd-Michael Land – Das Lächeln der Bäume – Definitivum
Wann ist zu einem Thema alles gesagt? Bei Bernd-Michael Lands vierbändigem Werk "Das Lächeln der Bäume" war das offensichtlich noch nicht der Fall, denn nun erst hat er beschlossen, mit 'Definitivum' den Schlusspunkt zu setzen. Wer die Musik des Rodgauer Elektronik-Musikers kennt, der weiß, dass keine einfache…
Weiterlesen ...Stefan Erbe - Serbenity
Drei Erbe-Alben in einem Jahr - das hatten wir wohl noch nie? Aber wir leben eben in ungewöhnlichen Zeiten. Jegliche Live-Aktivitäten sind fürs erste tabu, die Kreativität sucht sich ihr Ventil' dann anderweitig. Erfahrungen, die zu musikalischer Inspiration führen, sind zuhauf vorhanden. Der auf dem…
Weiterlesen ...Ron Boots & Synth.nl - BorkHavn
Vor acht Jahren saßen Ron und Michel am Strand in Dänemark und genossen ihren Urlaub gemeinsam mit der Familie. Abends setzten sie sich dann in eine Kammer im Ferienhaus und verarbeiteten ihren Tag mit musikalischer Improvisation. Natürlich hatten sie dafür einige Instrumente…
Weiterlesen ...EMOG - 11:11
Wer die vertrauten Wege der traditionellen Elektronik-Musik mal verlassen und einen Blick über den allseits bekannten Tellerrand riskieren möchte, könnte bei EMOG genau richtig sein. Der in Vancouver/Kanada lebende DJ, mit bürgerlichem Namen Emile Vartanian, hat in seinem neuen Solo-Album alles in…
Weiterlesen ...moonbooter - Beyond the Neon Lights
Viele Elektroniker meinen die 70er-Jahre und die Berliner Schule, wenn sie sagen, sie wollen sich auf ihre Wurzeln zurück besinnen. Bei Bernd "Moonbooter" Scholl ist das anders, hier geht die Reise zurück in die frühen 80er, als Synthesizer für die breite Masse erschwinglich wurden und das neue…
Weiterlesen ...Bernd Michael Land & Claus Jahn – Hyperreale Reflexion 4th Movement / DVD
Eher selten erreicht die Empulsiv-Redaktion medialer Content in Form von gepressten 3D-Musik-DVDs. Dennoch scheint es immer noch Käufer und Fans dieser Art von Konsumgütern zu geben, sonst hätten sich sicher die beiden herstellenden Protagonisten Land und Jahn nicht so viel Mühe mit…
Weiterlesen ...Lemmer & Pabst – Bergblick
Die elf schicken Piano-Patterns die uns das Duo Lemmer & Pabst zur aktuellen und virtuellen alpinistischen Reise anbietet, vermengen sich zu einem gradlinigen Trip tonaler Synonyme. Es braucht dabei nicht viel Vorstellungskraft, um sich schnell zwischen den monumentalen Bergregionen zu verorten, verwendet…
Weiterlesen ...Däcker - Pareidolia
Ich bin immer wieder überrascht über die grosse Zahl an EM-Musikern, die unser nordwestliches Nachbarland hervorgebracht hat und es immer noch tut. Peter Dekker dürften bisher nur wenige Insider gekannt haben, und es ist Remys Label "Deserted Island Music" zu verdanken, dass sich dies…
Weiterlesen ...Tauon – Somewhere
Das Baden-Würtembergische SINE-Label hat in den vergangenen Jahren etliche Perlen elektronischer Acts veröffentlicht und zieht mit dem Debut von Tauon alias olaf Gretzmacher den nächsten Edel-Klunker aus dem musikalischen Synthetik-Hut. Um es vorweg zu nehmen, der Stuttgarter Gretzmacher ist kein Newbie, er…
Weiterlesen ...Deep Imagination – My Silent Celebration
Das Musikprojekt Deep Imagination des hessischen Bandleaders Thorsten Sudler-Mainz begleitet uns mit seiner Musik schon eine gefühlte Ewigkeit. Umso mehr wundert es, dass es tatsächlich erst der 5. Longplayer ist, den Thorsten in den letzten Jahrzehnten mit DI hervorgebracht hat. Dies erklärt…
Weiterlesen ...Stefan Erbe - Breathe
Sind es die aktuellen Umstände, oder persönliche Erlebnisse, oder eine Kombination aus beidem, die bei einem Künstler zu einem Kreativitätsschub führen? Die Frage könnte man Stefan Erbe stellen, ist es doch ein für ihn ungewohntes Vorkommnis, dass bereits ein halbes Jahr nach dem letzten Studioalbum "Nachtlichter" schon…
Weiterlesen ...Electric Mud – Quiet Days on Earth
Schon eine ganze Weile verbrachte die „Stille Erdtagen-Musik“ von Hagen Bretschneider und Nico Walsers ihr Anwesenheit im Rezi-Ordner des Rezensenten und wartete geduldig auf ihr Empulsiv-Review. Aber warum musste es solange dauern, bis der Redakteur nun endlich den finalen Kritikbogen auflösen konnte?…
Weiterlesen ...Twins In Mind - L'Essence de la Vie
Eine der erfreulichsten Überraschungen in diesem merkwürdigen Jahr ist die Veröffentlichung von TWINS IN MIND mit dem Album „L'Essence de la Vie“. Der belgische Komponist und Produzent Adriaan Baussens hat sich als Fan von ENIGMA ganz bewusst auf die Schiene dieses Genres…
Weiterlesen ...Johannes Schmoelling - 20
Ein besonderer Schritt im Leben eines Musikers ist die Gründung eines eigenen Labels: Einerseits verspricht es größere musikalische Freiheit, andererseits bringt es auch die Bürde unternehmerischen Risikos mit sich. In der EM sind solche Label-Gründungen gar nicht so selten, und es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen…
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Magazin
Masken in der Dunkelheit

Nehmen wir einmal an, in ein paar Jahren ist die Covid-Pandemie Geschichte und das Leben wieder einigermaßen in seine normalen Bahnen zurückgekehrt. An was werden wir uns aus dieser Zeit besonders erinnern? In der EM-Szene sicher an diejenigen, die nicht die Flinte ins Korn geworfen haben und das möglich gemacht haben, was gerade eben noch möglich war. Martin Stürtzer aus Wuppertal wird für mich auf dieser Liste sicher ganz weit oben stehen. Nicht nur hat er Dutzende "Stay at Home" Konzerte aus seinem heimischen Studio in die Welt gestreamt, auch besitzt er den Mut, in einer Zeit anziehender Fallzahlen das... Weiterlesen ...
Viele kleine, helle (Laser-)Lichter in der Dunkelheit

Ein gutes halbes Jahr ist es her, dass ich zum letzten Mal Live-Musik gesehen habe, dann kam der Corona-Lockdown und eine Veranstaltung nach der anderen wurde abgesagt oder verschoben. Auch für Detlef Keller wurde es in diesen Monaten zur traurigen Routine, Donnerstag abends in seiner Radio-Sendung "Ad Libitum" wieder mal nur verkünden zu können, was alles nicht stattfindet. Weiterlesen ...
Raum für Vieles

Im letzten Jahr hatte sich das Solinger Künstlerpack eine kleine Auszeit genommen - ausnahmsweise einmal keines jener Festivals, die elektronische Musik mit Kunstausstellungen verbinden. Auch das Doppelkonzert mit Michael Brückner und Sequentia Legenda im letzten Herbst musste ich auslassen, man kann leider nicht an einem Abend gleichzeitig an zwei Orten sein. So wurde 2019 zu einem eher ungewöhnlichen Jahre, in denen mich der Weg nicht zu den Güterhallen am Solinger Westpark geführt hat. So wie der Zufall spielt, führt mich aber in 2020 der erste Weg ausgerechnet zu einem Konzert genau an diesen Ort - "Space" heißt das Motto in... Weiterlesen ...
Christopher von Deylen: Piano & Elektronik "Live"
Als die Nachricht im letzten Jahr erschien, Christopher von Deylen startet eine Solo-Tournee in 2020, hat sicherlich so mancher Schiller-Fan gerätselt, ob es jetzt…
Weiterlesen ...Alles außer Schnee!
Phil Booth gehört mit seinen Awakenings-Events zu den rührigsten Personen der britischen EM-Szene. Knapp ein halbes Dutzend Mal im Jahr gibt er Musikern in…
Weiterlesen ...Uni-Sphere: Das Comeback kurz vor Jahresende
Es soll Menschen geben, die die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr eher als "Feier-Stress" denn als besinnlichen Ausklang des Jahres empfinden. Nicht nur für…
Weiterlesen ...Bernd Scholl in der Höhle der Neandertaler
Bernd Scholl in Erkrath? Das hatten wir in diesem Jahr doch schon einmal! Das mag richtig sein, aber eigentlich ist der traditionelle Termin für…
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Kolumne
Die Musik(er) brauch(t)en euch IMMER NOCH! Ein Aufruf:
Keine Konzerte, keine Festivals und keine Events bedeuten auch für uns EM-Musiker nicht nur weniger Gagen-Umsatz, sondern auch weniger CD-Verkäufe und weniger Merch-Einnahmen. Viele Künstler benötigen aber diese Umsätze, obwohl sie bereits ja schon durch die gestreamte Digitalisierung der Musik sowieso schon deutlich weniger Ertrag haben, als noch vor Jahren, als eine CD das Standard-Vertriebs-Medium war.
So wie abzusehen war, wird es also wieder keine Veranstaltungen in naher Zukunft geben, die diesen Verlust auffangen. Dabei spielt es eben auch keine Rolle ob ein Künstler selbst vor Ort ist oder
ein Label/Vertrieb seine Musik vertreibt, viele der treuen Konzert- und Festivalbesucher kaufen eben oft ihre Musik nur auf diesen Events und werden dies nun nicht tun können. Das persönliche Gespräch auf den Veranstaltungen fällt eben weg und der übliche Brauch, sich an den CD-Ständen auszutauschen ist für viele Fans eine wichtige Kaufbegleiterscheinung (kann ich übrigens immer nachvollziehen).
Deshalb bedarf es vielleicht ein paar Verhaltensänderungen und ich bitte Euch trotzdem Eure Musiker zu unterstützen, denn es bedeutet ja nicht, dass es keine alten oder neuen Produktionen gibt, für die sich ein Kauf nicht aktuell lohnen würde. Im Gegenteil, denn gerade jetzt könnte man die Ausfallzeit für die Konzerte und Veranstaltung dafür nutzen, sich mal den Back-Katalog seiner Lieblingsmusiker anzuschauen, um vielleicht das eine oder andere Meisterwerk der letzten Jahre zu erwerben. Da schlummert ganz sicher noch viel Material, dass lohnt, noch erkundet zu werden.
Aber! Bitte kein Spotify oder Streaming und bitte auch kein Youtube Download oder die Sicherheitskopie vom Bekannten eines Freundes. Geht auf die Künstlerseiten, geht auf Bandcamp und sucht auf den direkten Vertriebskanälen der Künstler. Hier im Detail benenne ich gerne (m)eine Auswahl an Vertriebs-bzw. Label-Freunde der hiesigen EM-Szene wie Manikin, Syngate, Mellowjet, Spheric Music, Groove und Cue-Records (sollte ich jemanden vergessen haben, so schickt bitte mir Euren Link dazu), ich werde ihn ergänzen. Sollte Euer Künstler hier nicht zu finden sein, fragt ihn wo ihr seine Alben kaufen könnt. Ach und liebe Musiker, vielleicht sorgt ihr auch dafür, dass Eure Fans vielleicht einen kleinen Mehrwert bekommen können und sich diese Vertriebsinitiative für alle Seiten lohnt.
Vielleicht ist es ja doch möglich via Chat, Videostream oder sonstwie miteinander zu kommunizieren, um die Musik in einem virtuellen Gespräch zu erörtern, sie anzupreisen und ja, sie zu verkaufen. Aber eben mit der persönlichen Hingabe, so wie wir es immer auf den Festivals machen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die veränderten Bedingungen unseres aktuellen Konsumverhaltens von elektronischer Musik sich so verändern, dass wir die Treffen bald als ewig gestriges Verhalten ansehen, dass im Zuge der coronaisierten Digitalisierung überflüssig geworden ist. Wir müssen am sozialen System des Austausches zwischen Musiker und Fan festhalten und uns bis zur hoffentlich baldig wiederkehrende Normalität ein wenig umstellen.
Also Maus und Tastatur gerade gerückt, Konto checken und vielleicht noch mal 50 Euro aufs Paypal Konto schieben. Und los geht’s zu den weiten und (un)bekannten Bezugsquellen Eurer Lieblingsmusik.
Mit herzlichem Dank
Stefan Erbe