moonbooter - Cosmoharmonics

Bernd Scholl alias moonbooter ist immer eine zuverlässige Quelle für elektronische Musik hoher Qualität. Und auch seine neue Scheibe Cosmoharmonics reiht sich hier nahtlos ein. Bernds Kompositionen bieten ein abwechslungsreiches Angebot an audiblen Vergnüglichkeiten, ohne zu sehr vergangener goldener Zeiten hinterher zu trauern oder sich einer aktuell vorherrschenden Modeerscheinung anzubiedern. Der sich wohltuend absetzende Stil seiner Stücke hat sicherlich immer den moonbooter eigenen Klang, aber wird nie langweilig oder sich wiederholend. Cosmoharmonics bietet 10 solcher Kostbarkeiten, von lebendiger moderner Elektronik, über balladenartige Klaviaturspielereien bis hin zu sehr tanzbarer Musik. Mal leichter gewoben, mal eindringlich präsentiert, und von Grund auf harmonisch.

Bezug: MellowJet

Stefan Schulz

Mythos - Jules Verne

Vor über einem Jahr veröffentlichte Stephan Kaske unter seinem Projektnamen Mythos sein Album Jules Verne Forever, das mich hörlich beeindruckte. Nun ist der Nachfolger erschienen: Jules Verne - Around the World in 80 Minutes. Wie der Untertitel verrät, umfasst die Scheibe ca. 80 Minuten neue Musik aus Stephans Klangwerkstatt, diesmal gewidmet der Reise um die Welt. Und für den Hörer eine Reise in die absolut ungewöhnliche Elektronikwelt von Mythos. Einen richtigen Vergleich finde ich gar nicht, am ehesten noch gleicht das Album einer modernen Mischung aus Clara Mondshine und Software, verziert mit immer wieder überraschenden Klängen. Für mich das vermutlich einfallsreichste Album, dass ich in der letzten Zeit gehört habe, und vom Ideenreichtum her das wesentlich bessere "Jarre-Album" für 2016. Die Musik mag nicht jedem gefallen, denn es geht dabei nicht immer nur geradeaus. Für mich macht die teilweise Unberechenbarkeit aber den besonderen Reiz der musikalischen Reise in der Gedanken- und Fantasiewelt des Jules Verne aus. Chapeau!

Bezug: Groove Unlimited
Website: Mythos

Stefan Schulz

Vanderson - Vandisphere

Der recht produktive polnische Elektronikmusiker Maciej Wierzchowski ist bereits seit der Jahrtausendwende als Vanderson unterwegs. Mit Vandisphere veröffentlichte er im März sein Album mit dem Essener Label Spheric Music. Vandersons Musik zeugt merklich von seiner Wurzel in der elektronischen Tanzmusik und bietet dabei starke Einflüsse seines kompositorischen Interesses in der tradionellen EM. Auf Vandisphere schlägt er nun noch eine (kleine) Brücke zu ethnischen Einflüssen, die dem Album in Teilen gar einen Anstrich von Weltmusik geben. Die Stücke sind oftmals mit sehr gefälligem Unterbau versehen, und schaffen dabei eine chillige Atmosphäre, der man sich gerne für die gut 60 Minuten Laufzeit hingibt.

Anspieltipp auf jeden Fall Guijmandandi, das quasi für den Gesamtstil des Albums spricht, und das Titelstück Vandisphere, das für mich starke Einflüsse einer großen Berliner EM Band aufweist.

Bezug: Spheric Music

Stefan Schulz

Jean-Michel Jarre - Electronica 2: The Heart of Noise

Dieser Tage erscheint der zweite Teil des Albums Electronica von Großmeister Jean-Michel Jarre mit dem Untertitel The Heart of Noise. Wiederum gespickt mit diversen großen Namen, diesmal aus der eher populären Ecke, wie Pet Shop Boys, Yello oder Cyndi Lauper, aber auch Filmkomponist Hans Zimmer oder der ungewöhnliche Gast Edward Snowden. Insgesamt ist der zweite Teil der Electronica Serie nicht annähernd so technoid wie der erste, dennoch in Teilen stark in der elektronischen Ecke verortet. Wie die Gästeliste vermuten lässt, sind mehrere Tracks auch mit Gesang eingespielt, beherbergt unter Anderem auch etwas ruhigere Passagen, und fällt insgesamt so wesentlich abwechslungsreicher aus.

Der überwiegende Anteil des Albums ist solides Handwerk in den typischen Stilen der verschiedenen Künstler, mit elektronisch poppigem, rockigem oder Old School Elementen. Es mag wenig verwundern, dass mir insbesondere Electrees zusagt, eine Mischung aus Jarres Elektronikklängen und Hans Zimmers filmischen Harmonien. Aber auch Switch on Leon, die Zusammenarbeit mit The Orb, liegt auf meiner Hör-Linie.

Fans von Jarre oder der elektronischen Musik allgemein sollten nicht zu viel von diesem Album erwarten. Sicherlich lebt in jedem der Stücke ein wenig EM mit, aber insgesamt ist es eher eine populäre Scheibe, eine Compilation bei denen durchaus Jarres Handschrift zu erkennen ist, zumeist jedoch die des Kooperationskünstlers. Dennoch hörenswert.

Stefan Schulz

Schiller - Future

schillerfuture

Fällt dem Empulsiv-Redakteur ein Album eines der (letzten) großen deutschen Künstler des E-Genres in die Hände, steigen automatisch der Anspruch und die Bewertungskriterien. Ohne Frage, die Richtlinien sind halt andere, als beim 300er Pressergebnis eines Nachwuchskünstlers und so verfolgt der kritische Blick auf die 3fach Silberling-Ausgabe, nicht nur das ungewohnt schlichte "Future"-Design, sondern auch die Ansammlung der massenhaften Trackquantitäten.
Wie auch sonst bekommt der Schiller-Fan reichlich audiophiles für sein Geld und kann sich nicht über den Output an Stücken beschweren. Die Hoffnung, dass damit auch ein paar Stücke mit dem eigenen Geschmack kooperieren, wird wohl in Gänze wieder aufgehen, denn die todisichere Melange an Vokal- und Instrumentaltakes ist wie immer konsumfreundlich aufbereitet. Erfreulich, dass van Deylen weitesgehend auf sein bewährtes Name-Dropping verzichtet und nur zweimal in die externe Support-Starkiste greift. Dabei ist Sharon Stone (genau die Sharon Stone) wohl als Marketing-Opener für den US-Markt verpflichtet worden, in den van Deylen gleich mal seinen neuen Lebensmittelpunkt gelegt hat. Die Frage, ob sich das mittelmässige Konzept aus guten Soundcollagen auch als nachhaltiges Einstiegsmedium für den Rest der Welt taugt, wird wohl eher die Frage der perfekten Strategie sein. Musikalisch passt es in die beliebige Rotation der aktuellen Pop-Dimensionen, egal ob in der ehemaligen Heimat oder auf dem noch jungfräulichen Schiller-Globus. Abfinden müssen wir uns wohl damit, dass Schiller nun nicht mehr den aktuellen EM-Markt als deutsche Leitfigur voranschreiten wird, denn mit Future hat er fast alles von den früheren Wurzeln der hiesigen E-Pioniere verloren.

Stefan Erbe

Über Empulsiv

Empulsiv wurde 2011 als Webzine für (traditionelle) elektronische Musik gegründet. Es berichtete über ein Jahrzehnt von musikalischen Events und über Veröffentlichungen, präsentierte Interviews und Neuigkeiten aus der Szene. Ende 2022 wurde das Webzine eingestellt. Es wird nun als Infoportal mit Eventkalendar, Linksammlung und Archiv fortgeführt, so dass Neues sowies Vergangenes weiterhin gefunden werden kann.