[ramp] ist ein bemerkenswertes Projekt, ist es immer schon gewesen. Begonnen hat [ramp] vor vielen Jahren schon mit den Musikern Stephen Parsick, Frank Makowski und Lambert Ringlage. Die Besetzung wechselte immer wieder, aber Stephen Parsick kann wohl als der Kern von [ramp] angesehen werden. Bemerkenswert finde ich, dass hier nicht nach rechts oder links geschaut, sondern dass eine Linie verfolgt wird. Es wird experimentiert – und das polarisiert sicherlich auch. Ich habe den Eindruck, dass es für viele EM-Hörer bei [ramp] kaum etwas zwischen „mögen“ oder „nicht mögen“ gibt. Allerdings glaube ich auch, dass solche Eindrücke oft durch Unkenntnis der Musik hervorgerufen werden, denn diese Erfahrung habe ich selbst immer wieder gemacht. Dazu kommt natürlich die Kreation des Begriffs „doombient“, der so manchen abschrecken könnte, weil nur düsteres und zu Horrorfilmen passendes erwartet wird. Zumindest ist Dur nicht unbedingt die bevorzugte Tonart von [ramp]. Nun, „massenkompatibel“ ist die Musik von [ramp] vielleicht nicht uneingeschränkt, aber für mein Empfinden gibt es beispielsweise zu der bekannten Band Redshift aus England eine größere musikalische Nähe, als man vielleicht denken könnte.
Nach längerer Wartezeit gab es im Herbst 2011 ein neues Album von (Detlef) Keller & (Mario) Schönwälder. Sehr rührig sind die beiden ja immer zusammen mit Bas Broekhuis (BK&S) und auch mit anderen Musikern. Dass aber Detlef und Mario alleine eine CD herausbrachten, liegt schon einige Jahre zurück: „Noir“ war die letzte Veröffentlichung, und die stammt aus dem Jahr 2003! Wie dem schön gestalteten Cover zu entnehmen ist, sind die Titel „Long Distances“ und „September Moods“ auch schon ein paar Jahre alt. Das stört den Rezensenten aber nicht im geringsten, denn für seine Ohren ist die Musik von Keller & Schönwälder zeitlos. Mit ihrem Album „Long Distances“ zeigen Keller & Schönwälder, dass sie zu den konsequentesten Vertretern und Fortentwicklern der Berliner Schule gehören.
Das aktuelle Album von Frank Dorittke alias F.D.Project heißt „Water And Earth“ und bringt das in die Gehörgänge, was man von Frank kennt und mag: Melodiöse Sequenzen, viel E-Gitarre und sehr schöne Melodien. Mir ist längst nicht das gesamte Schaffen von F.D.Project bekannt, aber ich habe schon den Eindruck, dass Frank auf „Water And Earth“ mit neuen E-Gitarren-Sounds experimentiert. Gleich im ersten Stück, „Under Water“, ist das zu hören. Bei „Norway – My Heart Is With You“ höre ich einen ganz anderen Frank Dorittke. Ich bin zwar persönlich nie in Norwegen gewesen, stelle mir aber doch vor, dass er die Atmosphäre hervorragend erfasst hat. Dieses Stück könnte glatt von Mike Oldfield stammen. Und da denke ich dann auch gleich an den Videoclip zu Oldfields „Wonderful Land“, in dem aus einem Flugzeug gefilmte schöne (vermutlich) englische Landschaften gezeigt wurden. Solches könnte ich mir auch gut für diese Liebeserklärung an Norwegen vorstellen! Die Musik wirkt wie eine Rundreise mit dem Flugzeug und dem Schiff. „Sunday Afternoon“ ist ganz entspannt, wie der Titel schon nahe legt.
Ende 2011 bescherte Bernhard Wöstheinrich uns EM-Freunden noch ein sehr schönes Live-Album. Von seinen Auftritten in den USA, genauer in Princeton bei der Radiosendung „Music with Space“ des Radiosenders WPRB und beim Equinoxygene Festival in Hackensack, New Jersey.
Auf der Seite des Labels „Iapetus“ ist in kurzen Worten die Bandbreite dieser Produktion dargestellt: „The two music-episodes span the range from floating ambient sections, classically inspired synthesizer music to sequencer work-outs and innovative electronica.” Das kann ich gut nachvollziehen, es steckt tatsächlich von allem etwas darin. Die langen Stücke sind zwar als jeweils eines angegeben, aber ich meine doch, dass es deutliche Wechsel in den Melodien, im Charakter und in den Sounds der Stücke gibt. Ich würde denken, dass es mehrere Stücke sind, die fließend ineinander übergehen.
Robert Schroeder, einer der Urgesteine deutscher Synthsmusik kommt uns mit seiner neuen CD-Produktion sehr gelegen. Passen die neuen Frequenzen doch schnurstracks in die Entspannungswelle der kommenden Sommermonate und ergänzen die letzten Empulsiv-Lounge-Rezis exzellent, denn Schroeder macht einen kleinen Schlenker in die Chill-Ecke und verwöhnt mit eher sanfteren Tönen. Gitarrensolis und harte Riffs erklingen ebenso selten wie typische EM-Sequenzen aus der Berliner Richtung, sondern vielmehr schwebende Tunes aus Cafe-Bar und Cocktail-Atmosphäre bilden einen lasziven Charakter der im Repeat-Modus die Pool-Area beschallt. Die in den Stücken eingewobenen Vocal-Samples hätte es eigentlich gar nicht gebraucht, denn die 9 Tracks klingen instrumental sehr designed und wirklich "teuer" und können jedem chartorientierten Ibiza-Erholungs-Sampler locker das Wasser reichen. Ein Schröder im liquiden Relaxmodus gefällt uns. Warum die neuen Frequenzen allerdings keinen Großbuchstaben verdient hatten, erschließt sich nicht unbedingt. Die 68 Minuten 30 passen dafür aber locker noch ins Handgepäck, auch wenn es nur in die Berge gehen sollte. www.news-music.de
Stefan Erbe