
Ein besonderer Schritt im Leben eines Musikers ist die Gründung eines eigenen Labels: Einerseits verspricht es größere musikalische Freiheit, andererseits bringt es auch die Bürde unternehmerischen Risikos mit sich. In der EM sind solche Label-Gründungen gar nicht so selten, und es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen dieses Abenteuer nicht gut ausgegangen ist. Bei Johannes Schmoelling ist die Gründung von "Viktoriapark Records" zwanzig Jahre her, und die sind bisher erfolgreich verlaufen. Da darf man den runden Geburtstag auch mal ein bisschen feiern, am besten nicht nur mit Sekt und Häppchen, sondern auch mit einem
Jubiläums-Release. Und weil Feiern alleine keinen Spaß macht, hat sich Johannes einen Mitspieler zu jedem der Tracks genommen. Derer finden sich gerade einmal vier auf "20", die zusammen auf eine halbe Stunde Spielzeit kommen, und alle bisher unveröffentlicht waren. Johannes zieht die Klasse der Masse vor,
und vielleicht steht dahinter auch die versteckte Botschaft, daß die "echten" Freunde, die man im Verlaufe eines Lebens so findet, meist gar nicht so zahlreich sind?
Wie dem auch sei, alle Titel auf "20" sind echte Schmoelling-Tracks: warm, harmonisch, in der Länge auf den Punkt, und damit auch Belege für Johannes' kompositorische Fähigkeiten. Das, was der EM-Fan an dieser Musik so liebt - Sequenzen, Flächen Rhythmen Melodie - findet sich in den Titeln wieder, und immer in einer wohl-balancierten Form, weder brachial noch endlos ausgewalzt.
Mit "20" hat Johannes Schmoelling nicht nur sich und seinem Label ein feines Geburtstagsgeschenk gemacht - auch die Fans seiner Musik dürfen ein wenig mitfeiern, und haben die Gewissheit, dass "Viktoriapark Records" wohlauf ist und auf absehbare Zeit eine Quelle von EM sein wird, die einen spontanen "Haben wollen" Reflex auslöst.
http://www.viktoriapark-records.de/
http://www.sphericmusic-shop.de
Alfred Arnold

Nur wenige Monate nach dem Meisterwerk "Avalon" liefert Klangzauberer Martins Garden schon das nächste Album. Alle Achtung vor dieser Kreativität. Mit "Below" geht es in die Tiefen der Meere und gleich im Intro zeigt der selbstbewusste Künstler, dass seine Musik da anfängt, wo andere aufhören. Beim rasanten Trip „Into the Deep“ sticht der elektrisierende Sound jäh in die Tiefe wie ein Haifisch auf Ecstasy. Doch die opulente Musik von Marcel Umberg kriegt immer wieder die Kurve und führt den Hörer plötzlich in warme Strömungen nah der Oberfläche, taucht schließlich wieder auf, der wärmenden Sonne entgegen und lässt die Delphine im Downbeat tanzen.
Nach dem besten Electronic-Album des Jahres 2019 (State Azur mit "Modular Works 3") hatte der Künstler aus England seine Output-Frequenz nochmals erhöht und brachte diverse Nachfolger Anfang des Jahres heraus. Doch das hohe Level von "MW3" wurde kaum erreicht. Hier nun das neueste Werk von State Azure mit dem Titel „Edge of Forever“ und ich muss sagen: Respekt - dieses Album könnte nahtlos am vorjährigen Meisterwerk anknüpfen.
Der Lockdown im Frühjahr 2020 hat so manchen Musiker inspiriert eine kontemplative Stimmung in die Kompositionen einzubauen. Auch das aktuelle Album von Stan Dart hat diese melancholische Atmosphäre, die sich vom ersten bis zum letzten Track zieht. Wer also einen chilligen, schnörkellosen Sound mit dezentem Rhythmus und zugänglichen Melodien mag, ist mit der dritten Ausgabe der Murinsel-Cafe-Lounge-Musik bestens bedient. Nach sieben Tracks der Entschleunigung folgt das Highlight der CD, nämlich „The Moon“, das von der hervorragenden Sängerin Petra Bonmassar interpretiert wird. Sie hatte schon auf dem Album „Eccclesia“ aus 2017 einen tiefen Eindruck hinterlassen. Der Song öffnet mit einem Goethe-Zitat und hört sich an wie der flehentliche Ruf an den Mann im Mond. Die fulminante Melodie brennt sich ins Gehör und lässt mich nicht mehr los. Das ist hammerstark!