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Zwei Kaffeetanten in der Kirche

Es muss irgendwann nach dem "BK&S-Wochenende" 2019 in Repelen gewesen sein, als Detlef Keller ankündigte, nach der 2020er-Ausgabe werde man eine 'Denkpause' einlegen. Ganz so ist es ja bekanntermaßen nicht gekommen: Repelen 2020 fiel als eines der ersten Konzerte dem Virus zu Opfer, und es sollte bis zum Frühjahr 2023 dauern, bis dieses 'letzte Mal'
nachgeholt werden konnte.

Filter-Kaffee Repelen 2024

Nun, es ist ein Jahr später, die Pandemie ist schon fast wieder vergessen, und wir können eine erfreuliche Feststellung machen. Das Überdenken hat nicht dazu geführt, dass unser Quintett rund ums Manikin Label seine Live-Aktivitäten in irgendeiner Weise einzuschränken gedenkt.  Nur zur Erinnerung: Frank Rothe, sowohl 'Und-Zeichen' als auch Tontechniker bei BK&S, ist mit Mario und Bas bei 'Filter-Kaffee' und 'Kontroll-Raum' auf der Bühne aktiv, und Michael Menze darf mittlerweile auch zu dieser Gruppe von Musikern rund ums Manikin-Label gerechnet werden, die in immer neuen Kombinationen unsere kleine, aber feine Szene bereichert.

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Hello 2024 - Begrüßung auf Niederländisch

Die Bescherung ist vorüber, der Festtags-Braten vertilgt, und im Kühlschrank steht der Sekt bereit, um den Jahreswechsel zu feiern. Doch halt, zwischen Weihnachten und Neujahr ist noch eine Sache, die zumindest der EM-Fan nicht auslässt: Das Jahresabschluss-Konzert des Schallwende-Vereins im Bochumer Planetarium am 30. Dezember. Da der Blick an diesem Tag in die Zukunft geht, trägt dies den Namen 'Hello' und den des kommenden Jahres.

Hello 2024

Diesen klingenden Ausblick ins kommende Jahr wollten auch dieses Jahr knapp 300 Besucher nehmen - wie auch schon in früheren Jahren, war 'Hello 2024' Wochen vorher ausverkauft. Zwar gibt es auch hier kurzfristig stornierte Reservierungen, aber es ist natürlich ein Glücksspiel, auf so etwas zu spekulieren und nach
Bochum anzureisen.

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Dub mit Ambient - Martin Stürtzer im Autonomen Zentrum

Wenn in den letzten Wochen in dieser Kolumne keine neuen Berichte erschienen sind, so lag das nicht daran, dass EM-live-technisch nichts Berichtenswertes passiert wäre - ganz im Gegenteil, es wurde regelmäßig und viel 'performt'.  Leider sind dem Schreiber einige persönliche Dinge in die Quere gekommen, die die Prioritäten  zwangsweise verschoben hatten.

Martin Stürtzer Wuppertal 2023-12-15

Irgendwann wird der Drang dann aber zu groß, doch wieder einmal die geliebte Musik live zu erleben und auch vom Erlebten zu berichten.  Und Martin Stürtzer, einem der fleißigsten und produktivstem Musiker in der EM/Ambient-Szene war es zu verdanken, dass dieses Bedürfnis sich noch vor den Feiertagen befriedigen ließ: Eine eher unauffällige Ankündigung auf Facebook, im Wuppertaler Autonomen Zentrum ein Set zu spielen. Das angekündigte Programm: Etwas Dub, etwas Ambient, und Tracks von seinem aktuellen Albums 'Aquatic Cosmos'.

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Der Traum geht weiter - Tangerine Dream in der Lichtburg Essen

In den letzten Monaten war Tangerine Dream fast ununterbrochen auf Tour - man könnte meinen, es soll alles nachgeholt werden, was in den zwei Jahren Pandemie nicht besucht werden konnte. Die immer noch zahlreichen Fans in aller Welt danken es mit vollen Häusern. Nach einer Tournee durch die Vereinigten Staaten konnten in diesem Herbst auch wieder einmal die deutschen Fans ihre Lieblings-Band live sehen, ohne dafür ins Ausland reisen zu müssen.

Tangerine Dream Lichtburg Essen 2023

Zur aktuellen Besetzung gehört neben Thorsten Quaeschning und Hoshiko Yamane jetzt Paul Frick. Live gesehen hatte ich ihn zum ersten Mal 2019, auf dem Edgar Froese Memorial Event im Ballhaus Rixdorf in Berlin. Die Zusammenarbeit war offensichtlich so positiv, dass Paul seit 2020 festes Mitglied ist. Paul Frick ist ansonsten auch Teil des Trios 'Brand, Brauer, Frick', und auf dem letztjährigen, positiv angenommenen Studioalbum 'Raum' konnte man hören, in welche Richtung Tangerine Dream sich mit ihm entwickelt hat.

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Nicht ins Wasser gefallen - Der Awakenings-Alldayer im Oktober

Unter den Awakenings-Events, die Phil Booth und Jez Creek mehrmals im Jahr veranstalten, sticht der 'All-Dayer' hervor. Dieser beginnt bereits am frühen Nachmittag und beinhaltet dementsprechend mehr Acts und Konzerte - trotz einer längeren Pause am Abend kommt man auf derer fünf und damit ähnlich viele wie bei E-Live oder dem Electronic Circus.

Awakenings All-Dayer 2023

Ich war in diesem Jahr zwar schon einmal im Frühjahr in Rugeley gewesen, doch das für diesen All-Dayer angekündigte Lineup war so reizvoll, dass ich es nicht nur 'virtuell' erleben wollte. Mit Jah Buddha und Radio Massacre International gleich zwei Projekte, die ich zwar kannte, aber noch nie oder schon sehr lange nicht mehr live gesehen hatte. Dazu - wie meistens bei 'Awakenings' - mit 'A Collection of Notes' ein Musiker, der mir neu war. Dazu noch ein Peter Dekker, der mit seinen Auftritten und Veröffentlichungen in den letzten Jahren deutlich an Bekanntheit und Profil gewonnen hat, und der auch dafür bekannt ist, sich für jedes Konzert etwas spezielles auszudenken - das war mir die lange Anfahrt wert.

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Ausverkauft und spektakulär - E-Live 2023 in Eindhoven

Eine Sache steht ohne Frage fest: E-Day und E-Live gehören seit Jahren zu den absoluten Highlights des EM-Jahres. Ron Boots gelingt es zweimal im Jahr, mit einem gut zusammengestellten Programm Fans aus den Niederlanden, Belgien, Deutschland, England und wahrscheinlich noch ein paar Ländern mehr anzulocken. Seit Jahren ist ein nahezu ausverkaufter Saal eher die Regel als die Ausnahme.

E-Live 2023

Nachdem mit dem CKE in Eindhoven eine neue Location gefunden wurde, die dauerhaft Heimstatt für beide Events sein kann, konnte Ron sich dieses Mal wieder ganz auf das Lineup konzentrieren. Was er in seinen ersten Facebook-Postings nur andeutete, entpuppte sich als ein kleine Sensation: Zum wiederholten Male konnte Ron Boots Johannes Schmoelling als Haupt-Act verpflichten. Johannes ist nicht unbedingt bekannt dafür, gerne und häufig live zu spielen, aber mit Ron als Gastgeber und Organisator scheint er sich wohl und sicher zu fühlen. Schon in 'De Enck' hatte Johannes mit 'Loom' zweimal für ein ausverkauftes Haus gesorgt. Der für E-Live 2023 angekündigte Solo-Auftritt sollte dies aber noch einmal toppen: Bereits einen Monat vorher ging das letzte Ticket über den virtuellen Ladentisch. Das dürfte ein neuer Rekord sein!

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Stimmen in der Luft - Premiere in Moers

Es ist an der Zeit, etwas nachzuholen, was ich schon einige Zeit vor mir herschiebe. Zwar habe ich schon einige Male auf Facebook kurz von Rike Casper und ihren Auftritten mit 'ZeitZuZeit' berichtet. Aber Postings in sozialen(?) Medien sind doch eher etwas Vergängliches, das irgendwann in den Tiefen einer Timeline verschwindet.  Aber gerade die Kunst-Form, die Rike zusammen mit Bärbel Schulz entwickelt hat, verdient einen Bericht hier an dieser Stelle, wo sich dauerhaft finden und nachlesen lässt: Die Verbindung von Musik und Lyrik. Poetische Texte aus den verschiedensten Jahrhunderten werden mit eigens dazu komponierter Musik verschmolzen. Komplettiert wird das Musik-poetische Projekt aktuell von Birte Schuler, die Rikes elektronische Klänge akustisch auf dem Cello begleitet.

Stimmen in der Luft Moers 2023

In diesem Jahr hat es schon die eine oder andere Aufführung dieser Kunst-Form gegeben, für die man sich die Wortschöpfung 'Müesie' - Musik und Poesie - ausgedacht hat. Rikes Album 'Stimmen in der Luft' trägt als erstes diesen Untertitel, und heute in Moers ist die offizielle Premieren-Präsentation dieses Albums.

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Neustart in Hamm - der Electronic Circus 2023

Was die Garten-Party angeht, hatte das Team um Frank Gerber und Hans-Hermann Hess die "Nach-Corona-Zeit" mit neuem Spielort ja bereits im letzten Jahr eingeläutet. Mit dem Circus hat es ein Jahr länger gedauert. Das verwundert nicht, ist der Circus vom den eingeladenen Acts und der Finanzierung her doch der anspruchsvollere Termin. Gestiegene Kosten bei gleichzeitig bestenfalls stagnierenden Besucherzahlen ließen die bisherigen Spielorte in Detmold in nicht mehr finanzierbare Regionen rücken.

Electronic Circus 2023

Da steigt man doch lieber eine Nummer kleiner wieder ein und hält die Risiken in einem kalkulierbaren Rahmen. So kam es, dass der Electronic Circus 2023 vor einigen Monaten an einem neuen Ort angekündigt wurde, nämlich dem Vereinsheim des Schützenvereins Ostflierich in Hamm.

Beim Begriff 'Schützenverein' kamen dem einen oder anderen vielleicht Assoziationen von 70er-Jahre-Muff und mit Hirsch-Geweihen dekorierten, holzverkleideten Wänden. Ein paar im voraus gepostete Bilder konnten diese Befürchtungen aber schnell zerstreuen, und - mal ehrlich: Es war sowieso kaum vorstellbar, dass für den Electronic Circus die Wahl auf einen solchen Ort gefallen wäre. Schließlich nimmt man für sich in Anspruch, auch bei Auswahl der Acts nicht in der Vergangenheit zu leben.

Die Anfahrt nach Hamm-Drechen weckt Erinnerungen an den Bauernhof in Borgholzhausen: Das Vereinsheim liegt auf dem Land, einige der Straßen auf dem Weg dorthin werden schon recht eng, falls sich zwei Autos darauf begegnen. Hinweise zur Anfahrt und aktuelle Sperrungen hat es in Voraus gegeben, und auch hier weist ein Lotse den Weg zu den vorgesehenen Parkplätzen. Selbige sind zumindest im Moment noch etwas knapp, denn nebenan wird gerade noch eine Hochzeit gefeiert.  Wer sagt, auf dem Lande wäre nichts los?

Ein erster Blick auf das Gelände des Vereinsheims zeigt, dass hier auch schon so einiges los ist. Man kann sich kaum entscheiden, was man zuerst machen soll. Alte Bekannte begrüßen, von denen man bei kaum einem Festival so viele auf einmal sieht, das ist natürlich erst einmal das wichtigste. Direkt danach sollte der Weg aber zur Anmeldung führen. Dort erhält man nach Abhaken auf der Liste nicht nur das Bändchen, man kann auch gleich ein paar der Chips erwerben, gegen die hier wie auf der Sommerparty Getränke und Speisen verkauft werden. Genug zu trinken ist bei der spätsommerlichen Hitze sehr wichtig. Gleich danach kommt aber das Essen: Wer eine längere Anfahrt und bisher noch kein Mittagessen hatte, für den ist ein Teller von Tommy Betzlers selbst gemachtem, vegetarischen Chilli ideal. Nachwürzen darf man übrigens selber nach eigenem Geschmack.

Einen Grill für Würstchen und Steaks gibt es natürlich auch wieder, aber das hebe ich mir für später auf. Ein Blick in das Zelt mit den CD-Ständen ist mir für den Moment wichtiger. Mit Manikin, Spheric Music, Syngate und Groove Unlimited sind gleich vier der wichtigsten EM-Labels vertreten. Und es sind nicht nur die Neuerscheinungen, die man auch im Internet bestellen könnte: Mario Schönwälder hat noch einige Exemplare offiziell längst vergriffener Manikin-Alben mitgebracht. Hier in Hamm lassen sich Lücken in der eigenen Sammlung schließen.

Ein Blick auf die Uhr legt nahe, sich schon einmal Platz vor der Bühne zu suchen. Das erste Konzert des Tages wird eine Viertelstunde später als geplant beginnen, denn noch nicht alle Gäste haben den Weg hierher gefunden. Kein Problem - heute hat niemand noch etwas anderes vor und der Zeitplan ist ohnehin nur als grobe  Orientierung zu verstehen.

So tritt 'Zirkusdirektor' Frank Gerber erst ein paar Minuten nach 14 Uhr vor den gut gefüllten Veranstaltungsraum. Das ist auch eine positive Folge des kleineren Spielorts - die Stadthalle Detmold wäre für die zu erwartende Besucherzahl deutlich zu groß gewesen und in einem kleineren, aber dafür vollen Raum ist die Atmosphäre viel besser und direkter.

Als Einsteiger und "Eisbrecher" wird heute Wellenfeld fungieren. Seit dem Ausscheiden von Detlef Dominiczak wird dieses Projekt alleine von Andreas Braun fortgeführt. Heute wird er einen Mix aus den bisherigen CDs spielen, natürlich mit einem Fokus auf dem aktuellen Album "Eiswelten". So könnte man sich die Abkühlung wenigstens im Geiste vorstellen...

...in der Realität geht es aber eher heiß her, denn Andreas nutzt den typischen Wellenfeld-Sound, um die einzelnen Titel zu längeren Live-Mixes zu verarbeiten. Und die wären ohne weiteres tanzbar, wenn denn hier der Platz dafür wäre. Er agiert auch fast schon die ein DJ, und viele in Saal sind (angenehm) überrascht, was man mit so einem Ansatz erreichen kann.

Im letzten Drittel nimmt Andreas das Tempo ein wenig zurück und gibt uns vor dem Finale eine Verschnaufpause. Uwe Reckzehs Beleuchtung lässt Andreas danach wie eine Silhouette erscheinen, als er kurz und bündig erklärt, nun käme eine Umbaupause für den nächsten Act. Hat da jemand 'Zugabe' gerufen?  Ja, gerne, und 'zufällig' hätte er noch etwas auf Lager.  So geht der große Wellenfeld-Mix noch ein paar Minuten weiter und wir können uns alle sicher sein, dass Wellenfeld auch als Solo-Projekt auf absehbare Zeit weiter bestehen wird.

Wo gerade die Rede von 'Eiswelten' ist: Jetzt ist an der Theke nicht nur Kaffee und Kuchen, sondern auch Eis zu haben. Was diesen Punkt angeht, haben sich die Party und der Circus einander angenähert. Zwei, drei oder vier Kugeln? Sucht es Euch aus, es ist genug für Alle da!

Für Act Nummer zwei ist derweil gar nicht so viel umzubauen, denn das Setup von Andrii Symonovych, der als 'r.roo' auftritt, steht bereits. Andrii stammt aus der Ukraine und dürfte hier in der Szene noch ein völlig unbeschriebenes Blatt sein. Für die Einführung übergibt Frank an Ecki Stieg, der Andrii schon länger kennt und über den der Kontakt zustande kam. Andrii musste aus hinlänglich bekannten Gründen sein Heimatland verlassen und hat fürs Erste in Eckis Elternhaus eine Unterkunft gefunden. Und wer Eckis Radiosendung 'Grenzwellen' kennt, wird schon ahnen können, dass wir in der folgenden Stunde eine Performance erleben dürfen, die die Grenzbereiche der elektronischen Musik auslotet:

Und in der Tat, im Gegensatz zu Wellenfelds Konzert, wo man auch einfach nur in Rhythmen und Melodien abtauchen konnte, ist 'Nebenbei-Hören' hier nicht angebracht: Piano, klassische Versatzstücke, Chöre und experimentelle Sounds gehen eine Mischung ein, deren Konzept sich vielleicht nicht auf Anhieb erschließt. Tiefe und  Bedeutung hat es aber auf jeden Fall, und nach einer Weile habe ich Assoziationen zur Musik des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, die auch einen Bruch mit dem Althergebrachtem gewagt hat. Hier ist ohne Frage ein Musiker viel Vorbildung am Werk, und der dieses Wissen in seine Kompositionen einfließen lässt. Dass dabei auch persönliche Erfahrungen und Eindrücke der jüngsten Zeit eingehen, das ist angesichts von Andriis jüngstem Lebensweg zu vermuten. Umso erfreulicher ist es, dass er in der zweiten Hälfte seines Konzerts ein wenig aus dem 'dunklen Keller' zu wärmeren und kräftigeren Klängen mit klarerer Struktur findet. Ohne Frage ist sein Auftritt der anspruchsvollste des Tages, und den Machern des Electronic Circus gebührt Respekt, dass auf ihrem Event auch für solche Konzerte Raum ist.

In der folgenden Pause muss der bisher aufgeschobene Umbau erfolgen - nicht dass der folgende Act allzu viele Instrumente bräuchte, den Platz braucht James Knights für seine Bühnenshow. Ich muss ehrlich gestehen: Mir hat dieser Name vor dem Festival ähnlich wenig gesagt wie der von r.roo, als dann aber das Stichwort 'Boytronic' fiel, wurden Erinnerungen an die 80er und Synthie-Pop wach - eben jene Zeit, in der Menschen meines Alters begannen, sich ernsthaft für Musik zu interessieren und ihre Vorlieben zu definieren. Die haben sich bei mir eher in Richtung klassischer EM verfestigt, aber der Synthpop der 80er-Jahre hat auch bei mir noch seinen Platz im Herzen. Irgendwo muss noch die Single von 'You' im Plattenregal stehen...

Boytronic hat über die Jahre einige Wandlungen durchlaufen; aktuell ist James Knights der Sänger in diesem Duo. James tritt aber auch solo auf, auch hier mit einem Programm, das seinen Schwerpunkt bei 80er-Jahre Synthpop mit Italo-Anleihen hat. Wem das zweite Konzert vielleicht ein wenig zu anspruchsvoll war, der kann in der folgenden knappen Stunde einfach mal völlig entspannen und loslassen. Denn was James und Eva Heilmann (ansonsten bekannt von 'Plasmaschwarz') hier zeigen, das ist einfach pure Lebensfreude uns Spaß an der Musik: Ein tanzbarer Titel reiht sich an den nächsten, während James seine Spiele mit Mikrofon-Ständer und Publikum vollführt. Das ist derart ansteckend, dass auch die Bedienung hinter der Theke begeistert mitgeht!

Neben eigenen Titeln sind natürlich auch Boytronic-Nummern dabei. Wie schon eingangs gesagt, weder von dem einen noch dem anderen kannte ich bisher allzu viel, aber das ist auch gar nicht notwendig, um an diesem Auftritt seinen Spaß zu haben. Da will der Fuß einfach mitwippen und selbstverständlich muss mehr als eine Zugabe sein. Falls darüber der Zeitplan weiter aus dem Ruder läuft - wen stört das schon!

Zwei Dinge möchte Frank in seiner Abmoderation noch los werden: Zum einen ist das Eis alle. Wir alle können uns zu gute halten, in dieser Hinsicht ganze Arbeit geleistet zu haben. Und da wäre noch eine wichtige Sache: Man hat neben Frank und Hans-Hermann sicher schon den Clown vermisst, verkörpert von Mike Niemann und immer bereit, den einen oder anderen kleinen Streich zu spielen. Mike geht es im Prinzip gut, aber die Füße muss er aktuell leider auf der Couch hochlegen. Im nächsten Jahr wird er wieder mit von der Partie sein. 'Aushilfsweise' lässt Frank heute den großen Hut mit den kostenlosen Süßigkeiten herum gehen.

Einen weiterer Programmpunkt verkürzt ebenfalls das Warten auf den nächsten Act: Ecki Stieg setzt seine Tradition der Interviews auf dem Circus fort. Heute hat er sich Tommy Betzler auf die Bühne geholt, anlässlich der Neu-Veröffentlichung der P'Cock-Alben. Original sind sie Anfang der 80er-Jahre auf Klaus Schulzes IC-Label erschienen, haben seinerzeit aber aus verschiedenen Gründen nicht die Resonanz bekommen, die sie verdient hätten. Zusammen mit vielen anderen IC-Veröffentlichungen sind sie dann lange Zeit in der in der Versenkung verschwunden, und waren bestenfalls gebraucht zu erhalten. Nun sind sie aber wieder veröffentlicht worden, und alle können sich einen Eindruck davon machen, wie gut die Musik die Jahrzehnte überdauert hat und heute noch klingt.

Als Act Nummer vier steht Steve Baltes auf dem Plan. Aufzubauen hat er in der Pause nicht mehr, denn sein Setup steht bereits fertig am rechten Rand der Bühne. Wie immer bei Steve, findet man kein 'ausgewachsenes', klassisches Keyboard - hier dominieren Notebook, Ableton, kleine Effektgeräte und ein analoger Dreadbox- Synthesizer. Es ist immer wieder bewundernswert, wie virtuos Steve nur mit seinen zwei Händen (und einen Blas-Controller) daraus seine Tracks kreiert. Vorgenommen hat er sich jedenfalls heute einiges, sein Konzert wird eines der längsten sein, plus jeweils noch erklärender Vorworte zu den Titeln, die dann folgen. Den Einstieg gestaltet Steve gleich mit einem eigenen und neuen Titel: 'Dark Gravity' zeigt mit dem Namen den Weg. Weite, dunkle und massive Flächen wecken bei mir das Bild einer Wüste, wo die Sonne erbarmungslos auf den Wandernden niederbrennt. Das ändert sich aber, als der Rhythmus einsetzt: Zuerst ganz fein und strukturiert, ähnlich wie auf der 'Bochum Sky', wird er immer mächtiger und fetter und drängt das das Bild einer Einöde in den Hintergrund. Das Sound-System im Saal geht dabei teilweise bis an seine Grenzen. Und obwohl diese beiden Titel über eine halbe Stunde dauern, wird es nicht langweilig, denn Steve versteht es, die Sounds kontinuierlich zu variieren, und gegen Ende das Tempo wieder herunter zu fahren, dass 'Dark Gravity' nicht mit einem harten Schnitt endet.

Womit dieser erste Track schon endet, ist der wohlverdiente Applaus - und andere Musiker hätten den Rest der Zeit in gleicher Art weiter gemacht. Das wäre  einen Steve Baltes aber zu wenig, und so folgen seine Versionen von zwei Baltes&Erbe-Titeln, nämlich 'Sepia' von der 's-thetic' und 'Gradient' von der 'Electric Garden'. Wenn Steve sie solo spielt, klingen sie deutlich wuchtiger und Beat-betonter und schließen sich auf diese Weise sehr gut an den ersten Doppel-Titel an. Ob es nicht noch besser gewesen wäre, wenn Stefan bei diesem Part live mitgespielt hätte, so wie vor anderthalb Jahren in Eindhoven? Ja sicher, aber Stefan Erbe ist heute wegen Hochzeitstag leider  verhindert. Wir freuen uns darauf, wenn Stefan und Steve wieder einmal zusammen arbeiten, egal ob live oder im Studio!

Auch wenn diese beiden Tracks in ihrer 'Extended Version' zusammen eine weitere knappe halbe Stunde füllen, Steve ist noch lange nicht fertig: Irgendwo ist er musikalisch ja auch ein 'Kind der 80er' und mit Synthpop aufgewachsen. Boytronic haben damals auch zu seinen Helden gehört, und so hat er sich eine kleine Zusammenarbeit mit James Knights überlegt: 'Stars' ist ein Titel von seinem Projekt 'Arctic Sunrise', von dem schon einmal ein Album mit einem Dutzend Remixen veröffentlicht wurde. Heute erleben wir die 'Boytronic-Version', mit James Knights als Sänger, der mit seiner Bühnenshow noch einmal alles gibt.

Ist es das denn jetzt gewesen? Nein, kann es nicht, denn heute ist noch ein besonderes Datum: Manuel Göttsching hätte heute seinen 71. Geburtstag gehabt. Leider ist Manuel im letzten Jahr überraschend verstorben, aber es ist nichtsdestotrotz ein Tag, sich daran zu erinnern, wie Steve zu Ashra gekommen ist. Er war damals noch fast ein Teenager, hatte Harald Grosskopf gerade vor vier Jahren kennen gelernt und durfte direkt mit ihm, Manuel und Lüül auf die große Japan-Tournee kommen - eine ziemlich einmalige Erfahrung. Für 2017 war eine Ashra-Tour nach Hongkong geplant, die leider nicht zustande kam. Steve hat aber beim 'Kramen auf der Festplatte' noch ein paar Loops gefunden, die Manuel dafür vorbereitet hatte. Der - wie bei Ashra oft - etwas abgedrehte Titel: 'Niemand lacht rückwärts'. Sei es aus Respekt vor Manuel, oder weil es hier besser passt: Steve hält sich mit seinen eigenen, massiven Sounds dieses Mal ein wenig zurück, so dass Manuels feine Handarbeit voll zur Geltung kommt. Es war ja immer faszinierend, wie Manuel seine 'Sequenzen' mit der Hand auf der Gitarre gespielt hat. Und Steve hat das auf feine Weise zu einem vollwertigen Track ergänzt - großer Schluss-Applaus und eine Umarmung von Harald Grosskopf sind der Lohn. Steve Baltes' Auftritt war ein echtes Highlight, sowohl was Qualität als auch Vielfalt angeht!

Die Pause vor Steves Auftritt hatten die Ströme bereits genutzt, um ihre modularen Systeme 'in Stellung' zu bringen. Mario Schönhofer und Chris Fakler, der Tobias Weber nicht zum ersten Mal vertritt, sind erst im Verlauf des Nachmittags aus München angereist und wer wollte, konnte ihnen beim 'Stöpseln' auf der Wiese zuschauen. Andere hätten ihre Modular-Systeme wohl fertig verkabelt mit gebracht. Das war hier aber nicht möglich, die Geräte wären in der Bahn zu sperrig geworden. Es ist aber genug Erfahrung und Routine vorhanden, dass das Verkabeln ohne Probleme und Verzögerungen vonstatten geht. So kann Frank den letzten Act und Höhepunkt des Abends ohne Verzögerung ansagen. Wer sich an den letzten Circus 2019 in Detmold erinnert - da waren Mario und Tobias bereits mit dabei, und sind so gut angekommen, dass man sie für den 'Circus-Reboot' nach vier Jahren noch einmal gebucht hat.

Und dieses Duo aus dem Süden der Republik liefert auch heute das, wofür man sie kennt: Energiegeladene, moderne elektronische Dance-Musik, live und garantiert handgemacht. Denn wenn hier am modularen System geschraubt wird, ist das keine wie vielleicht bei einen 'DJ', der zu Beginn den USB-Stick mit seinem Set ins Mischpult steckt und fortan pro forma die Regler einiger nicht angeschlossener Kanäle herauf- und herunterschiebt. Wie sie es dabei dann auch noch schaffen, so bei der Musik körperlich mitzugehen, ist schon ein mittleres Wunder.  Man ist fast versucht, nach dem Kabel zu suchen, mit dem sie mit an den Synthesizer angeschlossenen sind, denn anders mag man sich das kaum erklären.

Auftritte der Ströme bestehen üblicherweise aus einem einzigen, durchgehenden Track, so auch heute. Es wird aber niemals langweilig, denn alles, was auf dem Rhythmus liegt, wird ständig variiert. Niemand verlässt vorzeitig den Saal, auch wenn der kleine Zeiger der Uhr sich der Elf schon merklich nähert hat. Erst ein anderes Ereignis läutet das Ende ein: Mario gibt ein kurzes Handzeichen, ein Dreh an einem der vielen Regler, und der Takt wird langsamer, bis die Maschine zum Stillstand kommt. Durchatmen, Verbeugung und langer Applaus: Das war es!

Natürlich löst sich so ein Event nach der letzten Abmoderation nicht sofort auf: Die Reste an Grill und Theke gehen zu Sonderpreisen, ein letzter Kaffee vor der (Nacht-)Fahrt ist nicht verkehrt. CDs wollen noch signiert und Absprachen gemacht werden. Wann sieht man sich zum nächsten Mal? E-Live in Eindhoven wird vermutlich die meisten der hier anwesenden auch wieder unter einen Dach versammeln. Aber eines ist sicher: Im kommenden Jahr wird es wieder eine Party und einen Circus geben. Gerne auch wieder hier in Hamm, wo man an einem Tag so viel unterschiedliche Musik geboten bekommt. Liebes EC-Team, macht so weiter und bleibt so wie Ihr seid!

Text: Alfred Arnold

Bilder: Stefan Schulz & Alfred Arnold

 

 

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Treffen bei Ron um die Ecke - Das Dutch Electronic Masters 2023

Eine wenig erfreuliche Entwicklung der letzten Jahre ist, dass einige langjährige und regelmäßige Festivals eingestellt worden sind: Cosmic Nights, B-Wave, E-Scape...die Gründe dafür sind natürlich vielfältig und berechtigt: Zuschauerschwund, man wird älter "schafft" es selber nicht mehr, oder die deutlich gestiegenen Kosten machen eine Durchführung wirtschaftlich unmöglich. Bedauerlich ist so ein Ende nichtsdestotrotz.

Dutch Electronic Masters 2023

Umso erfreulicher ist es, wenn es im Jahreskalender des EM-Fans auch mal einen 'Neuzugang' gibt: Im letzten Jahr hatte sich ein Team um Harald Gramberg und Gerrit "Adeptus Mechanicus" Vos zusammen gefunden, um die Sampler-Serie 'Dutch Electronic Masters' um ein gleichnamiges Festival zu erweitern. Der Ansatz war bewusst 'Low-Budget': Eine preiswerte Location, um das Risiko niedrig zu halten, und ein niedrig angesetzter Eintritt, so dass auch ein im Vorverkauf erworbenes und dann doch nicht ausgenutztes Ticket keinen allzu großen Verlust darstellt. 2022 ging dieses Konzept auf: Mehr als 70 Besucher waren für den "ersten Wurf" eine sehr respektable Zahl.

Wie bei jedem anderen Projekt war auch hier die zweite Auflage der Test, ob der Erstling ein einmaliger Erfolg war oder nicht. Nach einiger Suche war die erste Voraussetzung für den Erfolg gegeben: Auf Tipp und Vermittlung von Ron Boots konnte das "'t Tejaterke" in Best als Location gebucht werden. Das Tejaterke - klingelt da etwas? Aber sicher, das ist quasi bei Ron 'um die Ecke', und er hat es selber schon einige Male für kleinere Events gebucht. Und wenn ein unzweifelhafter Meister der elektronischen Musik seine Instrumente quasi mit dem Handkarren herbringen kann, dann steht auch schon der erste Act fest. Die Elektronische Maschine konnte für diesem Samstag gebucht werden und ist immer für einen Auftritt gut, der in Erinnerung bleibt. Dann nehme man noch zwei neue und noch nicht so bekannte Künstler hinzu, die hier eine Gelegenheit bekommen, ihre Musik einem größeren Publikum zu präsentieren, und das 'Dutch Electronic Masters 2023' ist unter Dach und Fach!

Das Tejaterke ist inmitten eines Wohngebiets gelegen, in dessen Straßen man sich schon einmal verfahren kann, wenn man kein Navi hat und zum ersten Mal hierhin kommt. Vor dem Gebäude selber gibt es nur eine Handvoll Parkplätze, man hätte also sehr früh kommen müssen, um einen von denen zu ergattern. Als ich etwa um 13 Uhr in die Max van Bossumstraat einbiege (das Tejaterke hat die Hausnummer 1), sind die bereits alle alle belegt. Das ist aber kein Problem, an den umliegenden Straßen sind noch genügend (kostenfreie) Parkbuchten frei.

Gleich am Eingang treffe ich Harald, und er ist so hilfsbereit, beim Abholen des vorbestellten Tickets ein wenig zu dolmetschen. Auch nach 30 Jahren in unmittelbarer Nähe zur holländischen Grenze sind meine Kenntnisse der holländischen Sprache immer noch rudimentär. Falls jemand einen Tipp für einen guten Online-Kurs hat...

Der Saal ist noch nicht geöffnet, also führt der Weg ins daneben gelegene Café. Dort werden nicht nur Getränke und Snacks zu überraschend günstigen Preisen gereicht, das gesparte Geld kann man gleich an den CD-Ständen umsetzen. Rons Groove-Label ist selbstredend vertreten, und bietet als Bonus jedem Besucher eine kostenlose CD zum Aussuchen an. Daneben betreiben Remy und Peter Dekker den Stand von Deserted Island Music. Das neue Album von Space Art auf Vinyl - gerne, eine Vinyl-Scheibe lege ich gerne abends mal auf, um den Musik- mit dem sinnlichen Genuss zu verbinden. Diverse ältere Alben der elektronischen Maschine - sie ist ja bereits seit Mitte der 90er aktiv - sind ebenfalls noch zu haben, und Harald hat ein paar Exemplare seines Albums 'Gravitation' auch noch gratis ausgelegt.

So ist mein Rucksack schon unerwartet gute gefüllt mit Tonträgern, als um viertel vor zwei der Saal geöffnet wird. Was ungewöhnlich ist: Die Karten sind Platzkarten, ein Anweiser zeigt den Weg zu dem Platz, der auf dem Ticket steht. Am Ende wird die Tribüne etwa zur Hälfte gefüllt sein. Da ist also noch etwas 'Luft nach oben', aber Harald ist nicht unzufrieden - es deckt wohl die Unkosten, entspricht in etwa dem Vorjahr, und vom Veranstalten von Konzerten müssen wir (zum Glück) nicht leben.

Auf anderen Festivals ist es nicht unüblich, als Opener nicht direkt einen der vermeintlichen 'Kracher' auftreten zu lassen. Nicht so heute in Best: Mit der Elektronischen Maschine geht es direkt in die vollen. Bei diesem Quartett besteht der Auftritt nicht nur aus der Musik selber, sondern auch einer fein choreographierten Bühnenshow. Und bei der wiederum spielt jedes Mitglied seine eigene Rolle. Zum letzten Mal hatte ich diese Show im Herbst 2022 in Eindhoven gesehen. Schon der Aufbau macht deutlich, dass diese Show nicht statisch ist, sondern kontinuierlich weiter entwickelt wird: Die beiden Drumsets stehen erhoben auf Podesten und nicht mehr einfach in einer Reihe mit den Keyboard-Plätzen. Das lässt das ganze Bühnebild deutlich räumlicher und mächtiger wirken.

Aber nicht nur an der "Fassade" wurde gefeilt: Schon beim ersten Titel sieht man, dass auch die Akteure ihre Rollen weiter entwickeln. Richard de Boer, Komponist und quasi 'Bandleader', ist bei früheren Auftritten mit seinen Vokal-Parts eher im Hintergrund geblieben. Jetzt tritt er mit ihnen über weite Strecken in den Vordergrund, und tut es auf seine Weise Michael gleich, dessen Expressivität manchmal schon 'Kinski-Qualitäten' ist. Bei einigen Titeln agieren Michael und Richard so ähnlich wie Sonja und Wilco, wenn sie sich an den Drums gegenseitig hochschaukeln.

Aber es ist bei der Elektronischen Maschine nicht nur Show, auch die Musik hat Substanz. Das niederländische Quartett gehört zu den Bands, die sich beim Entwickeln neuer Titel Zeit nehmen. Ein neues Album soll irgendwann am Jahresende erscheinen, ein paar bisher nicht auf CD veröffentlichte Tracks werden aber bereits live getestet. Die bringen Abwechslung in die Playlist: Der klassische 'Elektronische-Maschine-Sound', der mit Anleihen bei einer bekannten Düsseldorfer Band begann, wird von einer rein rockigen Nummer unterbrochen, und ein 'Intermezzo' verzichtet zur Abwechslung auch einmal ganz auf Rhythmen.

So eine Verschnaufpause können die Vier sicher gebrauchen, denn die bewährten (und sicher schweißtreibenden) Titel wie 'Tanzen mit Computer' und das 'Roboter-Ballett' dürfen nicht fehlen. Und dass die Elektronische Maschine nicht ohne eine Zugabe von der Bühne gelassen wird, versteht sich natürlich auch von selbst. 'Electro Feelings' ist ein weiterer Klassiker, der nicht so schnell von neueren Titeln aus der Set-List verdrängt werden dürfte.

Der Plan, die Elektronische Maschine direkt an den Anfang zu stellen, hat funktioniert. Jetzt sind wir alle im Festival 'drin' und bereit für die weiteren Acts des Tages. Obwohl der Aufbau des folgenden Acts bereits im Hintergrund bereit steht, kündigt Gerrit eine Pause von einer Stunde an. Das ist auch sinnvoll, denn so kann der Abbau in aller Ruhe erfolgen. Erfahrungen von anderen Festivals haben gezeigt, dass zu knapp bemessene Umbaupausen zu Zeitdruck, technischen Problemen und im Gegenteil zu Verzögerungen führen können.  Daher lieber alles in Ruhe angehen!

Langweilig wird es uns nicht werden, denn wie eingangs erwähnt ist der Besuch so gut, dass Gesprächspartner und -themen im Überfluss vorhanden sind. Und das gute Wetter lädt dabei zu einem kleinen Runde um das Tejaterke ein.

Egal ob man die Zeit draußen oder drinnen verbracht hat, die Stunde ist schneller vergangen als man glauben mag. Wieder im Saal, sehen wir eine sehr aufgeräumte Bühne: Rons Setup steht bereits, ist aber noch nicht verkabelt.  Die Blicke richten sich für den Moment auf den rechten Rand, wo Simona Dellamorte sich bereit macht. Sie tritt unter dem Namen 'Feralia Planitia' auf und ist sicher noch nicht so vielen in unserer kleinen EM-Szene bekannt. In Italien geboren, lebt sie schon seit einigen Jahren in den Niederlanden und darf deshalb auf einen 'Dutch Electronic Masters' spielen. Ihr erstes Album ist bei 'Deserted Island Music' erschienen, und auch ansonsten hat Remy Stroomer sich darum verdient gemacht, ihre Karriere zu fördern. Gerrit beschreibt sie in seiner Einführung als 'Powerhouse', die im Techno- und Industrial-Bereich unterwegs ist.

So eine Ankündigung lässt den eingefleischten Fan traditioneller EM und Berliner Schule natürlich befürchten, dass ihn die Beats nach wenigen Minuten aus dem Saal treiben werden. Und in der Tat, was Simonetta in der folgenden knappen Stunde präsentiert, das bringt schon einigen frischen Wind ins Tejaterke: Lange, Rhythmus-betonte Mixes, die ohne Frage in der Lage wären, einen modernen Tanzschuppen anzutreiben - Sie ist eben auch als DJ unterwegs. Gegen die einsetzende Nachmittags-Müdigkeit (doch ein Würstchen im Teig zu viel?) ist das jedenfalls das ideale Gegenmittel. Und aufgemerkt: Wenn man genauer hinhört, dann merkt man, dass dies keine stupide 'Maschinenmusik' sind. Es wird variiert, es wird verändert, und Sprachsamples kommen live hinzu. So wird der zweite Act des Tages zu einer spannenden Reise durch moderne elektronische Klangwelten. Und falls die Ohren dabei irgendwann 'außer Atem' kommen: Im letzten Drittel fährt Simonetta das Tempo ein wenig herunter.

 Das Ende ist eher abrupt: Ein fast schon entschuldigendes 'Das wars'. Mit bisher einer Veröffentlichung ist die Menge an Material eben noch nicht so groß, aber ich bin sicher, das erste Album wird nicht das letzte gewesen sein. Interesse ist im Publikum jedenfalls geweckt worden: Auch längere Zeit nach dem Auftritt ist Simonettas Tisch immer noch von Neugierigen umringt.

Die müssen aber irgendwann auch den Saal verlassen, denn in der folgenden, 90 Minuten langen Pause möchte Ron Boots in Ruhe seinen Soundcheck vornehmen. Wobei 'in Ruhe' nur auf das Alleinsein bezogen ist - gegen Ende der Pause dringen nämlich deutlich vernehmliche Klänge aus dem Saal, obwohl die Türen noch verschlossen sind. Er lässt sich mit den Proben Zeit: Etwa eine Viertelstunde später, als der Zeitplan das vorgesehen hat, dürfen wir wieder unsere Plätze im großen Saal des Tejaterke einnehmen. Auch hier macht Gerrit - wie alle anderen Organisatoren übrigens in einem schicken Hemd im Space-Look - nicht allzu viele Worte: Es soll ein Set in Stil von Klaus Schulze werden. Dessen musikalisches Erbe hat Ron im letzten Jahr schon zusammen mit Rob Papen geehrt, und dafür haben die beiden im Frühjahr auch einen Schallwelle-Preis eingeheimst. Nun dürfen wir also gespannt sein, was Ron solo aus dem Thema macht:

Als erstes die Atmosphäre: Es wird sehr dunkel im Saal. Auf eine weiße Grund-Beleuchtung verzichtet das Bühnentechniker-Team vom Tejaterke dieses Mal. Dessen  Arbeit möchte ich an dieser Stelle einmal lobend erwähnen - fehlerfrei und wenig auffällig in positiven Sinne. Während Rons Auftritt konzentrieren sie sich darauf, die Klänge mit farbigen Akzenten zu unterstreichen. Es liegt am Geschick des Fotografierenden, einen günstigen Moment für einen Schnappschuss abzupassen.

 Der Einstiegs-Track erinnert mich ein wenig an die 'Mirage', aber nur was dessen Strukturen angeht. Der Sound dagegen ist Boots-typisch: keine elektronische Winterlandschaft, sondern ein volles und dichtes Klangbild, das alle Frequenzbereiche abdeckt. Die im ersten Teil angelegten Linien ordnen und entwirren sich nach und nach im zweiten Titel, so dass Chöre und ein langsamer Beat eine Chance haben, durchzudringen. Ron gelingt das Kunststück, diese Metamorphose ohne harte Schnitte oder Abbrüche durchzuführen, und das dichte Klangbild über die ganze Zeit aufrecht zu erhalten. Das gleiche gilt für den vierten Teil, in dem er die von seinem eigenen Stil bekannte Dramatik hinzufügt. Keine Frage, hier ist ein ganz Großer der EM-Szene am Werk, und der hat auch noch einen ganz besonders guten Tag erwischt: In einer knappen Stunde hat er uns quasi quasi seine eigene Musik-Geschichte erzählt, von seinen Vorbildern bis zu seinem ganz eigenen, daraus resultierenden Weg. Alleine dieser Auftritt wäre schon den Weg nach Best wert gewesen und ich bin sicher, dass das genannte Vorbild mit Wohlgefallen hören würde, wie man auf seinem Werk aufsetzt. Denn auch Klaus Schulze wollte sich nie wiederholen und immer Neues ausprobieren und entdecken.

Ron lässt es sich auch nicht nehmen, nach dieser Performance (die hoffentlich mitgeschnitten wurde) zum Mikrofon zu greifen: Grundlage dieses Sets sind zwei Tracks, die er zu Sampler-Alben beigesteuert hat. Das eine ist der aktuelle 'Dutch Electronics Masters' Sampler, ein beeindruckendes Werk mit über 60 Titeln von ebenso vielen (niederländischen) Musikern. Das zweite ist ein Tribute-Sampler zu Ehren des im letzten Jahr verstorbenen Mark Shreeve. Alle mit letzterem Album erzielten Einnahmen kommen übrigens der Krebsforschung zugute. Wer bei diesen beiden Veröffentlichungen noch nicht zugegriffen hat, dem sein ein Besuch auf Bandcamp wärmstens ans Herz gelegt.

Gerrit und Harald bleiben sich treu: Bis zum letzten Act ist wieder eine längere Pause und als die vorbei ist, erleben wir wieder eine komplett umgebaute Bühne. In der Mitte steht ein schlichter Tisch mit den Instrumenten, ähnlich wie bei Feralia Planitia, links und rechts davon dienen zwei Pulte als Plakatständer, um das Logo des letzten Acts zu präsentieren: The People's Republic of Europe, oder kurz TPROE.

TPROE ist ein Ein-Mann-Projekt von Pieter Winkelaar, und er betreibt es bereits seit 23 Jahren. Stilistisch folgt er dabei Industrial und Dark Ambient, und letzteres soll auch der Schwerpunkt des heutigen Auftritts sein. So erleben wir ein absolutes Kontrastprogramm zum vorigen Auftritt: Konnte man in Rons Klangbild quasi baden und sich verlieren, so ist das hier Ambient in der minimalistischsten Form: Ein gleichmäßiger, sich gar nicht oder nur unmerklich verändernder Sound bildet die Basis, und darauf werden einzelne Sounds gestreut, die beim Hörer eine Assoziation erzeugen sollen. Mal liefern Geprassel und Regen den Eindruck direkt in der Natur, vielleicht in einem Urwald zustehen. Dann wieder sind da Wortfetzen und Geräusch von laufenden Maschinen - meine Gedanken gehen in Richtung von Andrei Tarkovskys Film 'Stalker', wo man sich durch eine verbotene Zone bewegt und ständig verstecken muss.

In diese eher kalten Bilder streut Pieter gelegentlich auch ein paar Passagen ein, die zumindest ein wenig Wärme andeuten - sei es ein fremdländischer Gesang oder eine monoton arbeitende Maschine, deren Sound man als Sequenz verstehen könnte. Ab und zu wird wenigstens eine schmale Brücke zur klassischen EM gebaut. Ganz zum Schluss, im letzten Track wird es wieder eine Nummer dunkler. So könnte man diesen ganzen Auftritt als eine Lektion verstehen, dass immer da, wo Dunkelheit ist, auch irgendwo wieder ein Licht ist: Das eine kann nicht ohne das andere existieren.

In diese Atmosphäre hinein spricht Gerrit die letzten Worte des Abends: Er bedankt sich bei Pieter, und natürlich auch den anderen Musikern dieses Tages, für ihre Leistungen auf der Bühne, bei den Zuschauern fürs zahlreiche Erscheinen, und - last but not least - beim Team des Tejaterke, ohne das diese Veranstaltung auch nicht möglich gewesen wäre. Zum Erfolg hat natürlich auch das Konzept des 'Dutch Electronic Masters' beigetragen: Das Budget niedrig halten, dadurch günstige Tickets ermöglichen, und sich mit den Acts und deren Anzahl nicht übernehmen. Weniger ist eben manchmal mehr.

Dass diese Serie im kommenden Jahr eine Fortsetzung findet, davon dürfen wir im Moment ausgehen. Die Elektronische Maschine soll bereits gebucht sein. Ob es wieder in Best sein wird, oder in einem anderen Teil dieses Landes, das so reich ist an elektronischen Musikern, das ist noch offen. Wir werden es rechtzeitig erfahren und uns  dann wieder auf den Weg machen!

Alfred Arnold

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Tradition, Gegenwart und Ausblick - Das Schallwende-Grillfest 2023 im Grugapark

In diesem Jahr durfte der Schallwende-Verein sein 25-jähriges Bestehen feiern. Eine ebenso lange Tradition hat das Schallwende-Grillfest im Sommer, das den Mitgliedern (und solchen, die es werden wollen!) nicht nur Speis und Trank bietet, sondern auch elektronische Live-Musik in kleinem und entspanntem Kreis.

Schallwende Grillfest 2023

Nachdem im letzten Jahr auf Bernd Glanemanns Hof in Ahlen gegrillt und musiziert wurde, kehrt das Grillfest in diesem Jahr zu einem der Grillplätze im Essener Grugapark zurück. Die sind allerdings bei vielen Vereinen im "Pott" beliebt, und Termine dafür sind schnell vergeben. In der Vergangenheit galt das Prinzip "First Come, First Serve": Die Herausforderung war, an Anfang des Jahres möglichst früh bei der Parkverwaltung aufzulaufen, und sich den Wunschtermin zu reservieren. Frühes Aufstehen war in diesem Jahr nicht mehr erforderlich: Man gab stattdessen seinen Reservierungs-Wunsch bis zu einem bestimmten Stichtag ab und bei mehreren Anfragen entschied das Los.

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Aller guten Dinge sind drei - KelMen in den Güterhallen

Für das dritte EM-Event in der EM-Picknick-Reihe hat Norbert Sarrazin sich einen besonderen Leckerbissen aufgehoben: Mit KelMen kommt eine der spannendsten Kooperationen der letzten Jahre in die Ateliers in den Solinger Güterhallen.

Picknick KelMen

Hier werfen Detlef Keller, der die ganze Spannweite der Berliner Schule von Retro bis Melodisch beherrscht, und Michael Menze, der aus seiner Arbeit in Instrumentenvertrieb mit ganz unterschiedlichen Einflüsse in Kontakt kommt, ihre Ideen in die gleiche Waagschale.  Ein Live-Auftritt in Moers und ein Debüt-Album stehen bisher auf der Haben-Seite. Improvisations- und Variations-Freude garantieren, dass ein Live-Auftritt kein bloßes 'Reproduzieren' des auf der CD  veröffentlichten Materials sein wird.

Im Gegensatz zu den ersten beiden Terminen ist das Wetter an diesem Samstag eher wechselhaft. Ein Auftritt vor den Ateliers, also auf dem ehemaligen Bahnsteig, wäre nicht ohne Risiko für das Instrumentarium gewesen. So überrascht es nicht, dass dieses Mal keine Stühle auf der Wiese vor den Güterhallen stehen. Stattdessen weisen elektronische Klänge einen eindeutigen Weg zu einem der Ateliers, nämlich dem 'Gleis 3'. Michael und Detlef machen hier gerade einen letzten Soundcheck. Weil der durchweg zufriedenstellend verläuft, ist auch noch Zeit für andere Dinge: Auch wenn Michael im Vertrieb von Roland auf Arturia gewechselt ist, er hat noch die Kontakte zu seinem alten 'Arbeitgeber', um Detlef ein paar neue Knöpfe für seinen Jupiter-80 zu beschaffen. Auch Keyboards sind nicht vor dem Effekt gefeit, dass gummierte Oberflächen sich nach ein paar Jahren in ein klebriges Etwas verwandeln. Mit neuen Knöpfen dreht es sich doch gleich viel angenehmer. Ach ja, ein wenig Zeit für ein Verkaufs- äh, pardon, Beratungs-Gespräch ist natürlich auch noch. Mal ausprobieren? Norbert lässt sich die Gelegenheit nicht nehmen. Investorische Folgen nicht ausgeschlossen...

Währenddessen füllt sich langsam das Atelier, sowohl mit Bekannten aus der 'EM-Szene', als auch mit Besuchern, die ich von den vorigen Picknick- Events her kenne. Jede Event-Reihe hat eben ihre eigenen 'Stammgäste'.  Er erweist sich wieder einmal als geschickte Strategie, EM-Konzerte in eine Reihe einzubinden, in der auch andere Musik gespielt wird. Auf diese Weise bringt man die EM auch einmal aus ihrer Nische heraus.

Was die heutige Beteiligung angeht - nicht alle aufgestellten Stühle werden gebraucht. Woran es liegt, darüber darf natürlich spekuliert werden.
Das mäßige Wetter mag ein Faktor sein, und vielleicht hätte man damit werben sollen, dass dieses Konzert drinnen statt findet - Detlef erzählt in seinen einleitenden Worten nämlich, dass das von Anfang an so geplant war. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer, und er dreht dies in einen Vorteil: Wir können hier alle Gäste mit Handschlag begrüßen. Man versuche dies einmal, wenn Coldplay in einem Stadion spielen!

Da die meisten Gäste - wie bereits erwähnt - auch schon bei den ersten beiden Konzerten dabei waren, braucht Norbert sich in seiner Einführung nicht großartig zu wiederholen: Ein knackiges 'Auf die Plätze...' genügt, um die Reise durch KelMens Klang-Universum zu beginnen.

Gleich zu Anfang vermengen sich Chöre und exotisch anmutende Sounds - es geht weit weg, vielleicht irgendwo in eine Wüstenregion im vorderen Orient. Lange müssen Fans der Berliner Schule aber nicht dürsten, bis die Sequenzen einsetzen und wir die erste Oase erreichen. Wie man es von Stücken der Berliner Schule kennt, es wird sich Zeit genommen, das Thema zu entwickeln, aber hier wird sie auf angenehmste Weise erweitert: die Klänge nehmen mal Fahrt auf, mal wird das Tempo wieder zurück genommen. Der Flow ist auf jeden Fall da, und so sehr, dass die beiden einen Ausstieg suchen müssen - ein fetter Bass zum Schluss ist die Lösung. Das ist also das 'First Result', aber in der Live-Version, wie Detlef meint.

Der nächste Track ist nicht von der 'Results', sondern ein Solo-Titel von Michael, und so kommen von ihm auch die einleitenden Worte. 'Tramonto' ist aus der Erinnerung an einen Segelurlaub heraus entstanden. Und das hört man auch direkt bei den ersten Takten: Warme Rhythmen und ein flottes, aber nicht zu schnelles Tempo wecken Assoziationen an einen mediterranen Strand, von dem aus wir mit einem Cocktail in der Hand den Segelbooten zuschauen. Detlef trägt noch Streicher zu diesem Track bei, und den anschließenden Kommentar: kurz, aber heftig.

So wie sich das letzte Mal der Wellengärtner und Jingoba Electric abgewechselt haben, so wechseln wir nach einem Solo-Track wieder zur 'Results' zurück: Chöre und Mellotron-Sounds zaubern eine feierliche Stimmung ins Atelier. Die hält aber nicht nicht lange an und es wird so schwungvoll, das selbst Michael mit den Füßen mit wippt - Abwechslung ist Trumpf am heutigen Tag, und das regt die Musiker auch dazu an, das verfügbare Material zu variieren. Und es ist auch genau der richtige Zeitpunkt, den Hut für die 'Kollekte' des heutigen Tages durch die Reihen gehen zu lassen.

Wie bereits angedeutet, folgt auf einen Track von der 'Results' wieder ein Solo-Track von Michael: 'Downtown' nimmt auf Michaels Heimatstadt Bezug: Ob in der 'Downtown' von Gross-Gerau abends bisweilen so der Bär tanzt, wie dieser Titel es vermuten lässt - ich weiß es nicht. Ich kenne die

Stadt bisher nur von ihrem Nummernschild 'GG-...', das früher man auf den Pressefotos neuer Opel-Autos sehen konnte. Wie dem auch sei, 'Downtown' ist wieder ein Stück zum wach werden, und ist daraus entstanden, dass Michael sich nach Feierabend ein wenig an seinen Instrumenten 'abreagiert' hat.  Detlef trägt dazu - quasi als kleinen Kontrapunkt - eine Melodie bei, wie man sie von seinen 'Spaintronic'-Videos kennt.

Zurück geht die Reise auf die 'Results', und bei der Sequenz kommen mir wohligste Erinnerungen an KelMens ersten Auftritt in Moers - eine Sequenz und eine Melodie wie zum Wegschweben. Auch Detlef schließt die Augen und kommt ins Träumen. Man wünscht sich beinahe, dieser Titel möge nie enden, aber das geht im 'realen Leben' natürlich nicht. Eine Stunde war ursprünglich mal geplant, aber jetzt sind es schon derer anderthalb geworden - gut dass Michael und Detlef nicht in der Gewerkschaft sind. Und so begibt es sich in den Solinger Güterhallen, dass es eine volle Stunde pro Musiker wird, denn es werden noch zwei Zugaben gefordert und auch gewährt: 'Pull Moll' liefert noch einmal Drums und wuchtige Sequenzen, und der allerletzte Track des Tages mit viel Pathos den passenden Ausklang.

'Ausklang' ist das richtige Stichwort, denn dies war das letzte (EM-)Picknick-Event für 2023. Traurig sollte man aber nicht sein, man sollte sich eher im Rückblick noch einmal erinnern, was wir in den letzten Wochen hier an und in den Güterhallen erlebt und gehört haben: Da kann man nur den (virtuellen) Hut vor Norbert Sarrazin und seinem Team ziehen. Einen ganz reales und gut mit Scheinen gefülltes Exemplar bekommen Detlef und Michael, und es wechselt auch noch die eine oder andere 'Results'-CD ihren Besitzer. Wer sich für Menzmanns Solo-Titel interessiert: Die stehen auf Bandcamp bereit.

Das Konzept des EM-Picknicks funktioniert: Überschaubarer Aufwand, viel Spaß und intime Atmosphäre. Ich bin sehr sicher, dass die EM-Picknicks auch im kommenden Jahr ihre Fortsetzung finden werden: Auch da wird es einen Sommer geben, und man wird den Weg zu den Güterhallen finden - egal ob per Auto oder Bahn, der Weg lohnt sich immer.

Alfred Arnold

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Picknick mit Doppelpack - Jingoba Electric und Wellengärtner vor den Güterhallen

Gerade einmal zwei Wochen ist es her, dass Norbert Sarrazin zum ersten Picknick-Event mit elektronischer Musik geladen hatte, da finden wir uns schon wieder auf der Wiese vor den Solinger Güterhallen ein.  

Picknick Jingoba Electric Wellengaertner

Das Besondere an diesem Tag: Mit Jingoba Electric und Wellengärtner werden heute gleich zwei Musiker aufspielen. Hinter ersteren steht Michael Wlochinski aus Mönchengladbach, und regelmäßigen Besuchern des 'Electric Cafe' in Mülheim sollte er kein Unbekannter sein - alle Anderen werden seine ganz eigene Interpretation elektronischer Musik heute kennen lernen.  Hinter 'Wellengärtner' versteckt sich Jörg Jankowitsch, und was er bisher an Alben veröffentlicht hat, orientiert sich eher an der atmosphärischen und traditionellen Richtung der EM.

Über Empulsiv

Empulsiv wurde 2011 als Webzine für (traditionelle) elektronische Musik gegründet. Es berichtete über ein Jahrzehnt von musikalischen Events und über Veröffentlichungen, präsentierte Interviews und Neuigkeiten aus der Szene. Ende 2022 wurde das Webzine eingestellt. Es wird nun als Infoportal mit Eventkalendar, Linksammlung und Archiv fortgeführt, so dass Neues sowies Vergangenes weiterhin gefunden werden kann.